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■ Das PortraitLeoluca Orlando

Das waren noch Zeiten, als Leoluca Orlando von nur einem Eskortenauto begleitet in seinem Alfa Romeo durch Palermo fuhr, per Autotelefon mit seinem Vize Maßnahmen zur Wasserversorgung und zur Arbeitsbeschaffung für Jugendliche besprach und danach in einer Sektionskonferenz der christdemokratischen Partei über „Modelle neuer, parteiunabhängiger Formen der Politik“ redete: es war konkrete Arbeit, es bewegte sich danach wirklich etwas, die Menschen bekamen nicht nur hehre Worte zu hören, sondern auch Wasser in die Leitung und einen Arbeitsplatz.

Heute ist Orlando von einem damals eher Insidern bekannten sympathischen Antitypen zum nationalen Volkstribun geworden. Dafür aber bewegt er nichts mehr konkret, verschleißt sich in Talk- Shows, entrückt seinen Mitarbeitern, lebt eingemauert in ein Heer von nicht weniger als 44 Leibwächtern.

Leoluca Orlando, 48, der mütterlicherseits dem Adel und väterlicherseits einer Juristenfamilie entstammt, stieg zum unbestrittenen Hoffnungsträger und Star eines „jungen Italien“ auf, als er sich 1985, mit der überraschenden Wahl zum Oberbürgermeister Palermos, von der Dominanz mafiaverfilzter Gruppen zu befreien begann. Grundkatholisch, aber nicht papistisch, akademisch geformt während der Studenhier Foto Nr. 10

Foto: Werner Raith

tenrevolte, Gewerkschafter, noch bevor er Christdemokrat wurde, regierte er ein halbes Jahrzehnt mit wechselnden Mehrheiten, schloß die mafiaverbandelten Sozialisten von der Stadtherrschaft aus und koalierte statt dessen mit den Kommunisten. 1991 wurde er durch ein Machtwort des in Rom mit den Sozialisten regierenden Christdemokraten Giulio Andreotti gestürzt, trat aus der Partei aus und sammelte danach im ganzen Land Bürgerinitiativen zu einer neuen politischen Vereinigung, „la Rete“. Bei Regionalwahlen in Sizilien erreichte „la Rete“ bereits die Zehnprozentmarke, in Palermo wurde sie stärkste Partei, aber auch im oberitalienischen Trient steht sie schon an zweiter Stelle.

Das Programm Orlandos ist relativ einfach: weg mit der korrupten Politikerkaste, Transparenz in allen Ämtern, keine Immunität mehr für Abgeordnete, moderne Ausstattung der Polizei. In Palermo kommt Orlando allerdings nur noch sporadisch vorbei, und der Mann zum Anfassen, den die Menschen dort so nötig haben, ist er nicht mehr. Werner Raith

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