■ Das Portrait: Ella Fitzgerald
Wenige Musiker nur definieren den Jazz, wenige Sängerinnen den Jazzgesang. Fast könnte man sagen, eine einzige: Ella Fitzgerald. Nachdem das 16jährige Waisenmädchen 1934 einen Amateurwettbewerb im Harlemer Apollo-Theater gewonnen hatte, dauerte es nur einige kurze Jahre, bis sie als „First Lady of Jazz“ anerkannt war. Darüber hinaus ist sie die eigentliche „First Lady of Song“: Mit ihrer Serie von Songbooks der großen Komponisten der amerikanischen Populärkultur des zwanzigsten Jahrhunderts – Cole Porter, Rodgers & Hart, Jerome Kern, Duke Ellington und anderen – schuf sie einen Kanon gültiger Interpretationen, die von Komponisten, Textern und KollegInnen vorbehaltlos bewundert werden: „Ich wußte gar nicht, wie gut unsere Musik ist“, staunt Ira Gershwin, und Duke Ellington würdigt sie in seinem „Portrait Of Ella Fitzgerald“: „Musikalisch steht sie außerhalb jeder Kategorie.“
Foto: William P. Gottlieb (1947)
Ihre kräftige Stimme ist von überragender Reife und Klarheit. Sie ziseliert einfühlsam Texte, Melodien und Improvisationen, scattet mit mitreißendem, aber beherrschtem Swing und läßt in Balladen die große Wärme ihrer Stimme und Seele aufstrahlen – all dies scheinbar ohne Anstrengung und mit natürlicher Autorität.
Ellas Karriere startet mit einem Engagement bei dem Harlemer Schlagzeuger und Big-Band-Leader Chick Webb. Als er 1939 stirbt, übernimmt sie die Band für drei Jahre. Danach adaptiert sie, insbesondere von Dizzy Gillespie beeindruckt, zwanglos Bebop-Techniken und -Harmonien und wird Star in den weltweiten „Jazz At The Philharmonic“-Tourneen des Impresarios Norman Granz, der bald auch ihr Manager wird. Über Jahrzehnte gibt sie regelmäßig Konzerte mit ihrem Trio, dabei am liebsten vom Pianisten Tommy Flanagan begleitet. Sie spielt und macht Platten mit Count Base und Duke Ellington. Die Songbooks entstehen innerhalb kürzester Zeit Ende der fünfziger Jahre. Ihre Kreativität scheint unerschöpflich.
Nach Augenoperationen in den siebziger Jahren werden die Auftritte seltener, nach einer Bypass-Operation 1986 muß sie sich noch mehr schonen. Sie lebt in Kalifornien. Gelegentliche Konzerte sind nicht melancholische Reminiszenzen an die guten alten Zeiten, sondern nach wie vor Sternstunden.
Morgen wird Ella Fitzgerald 75 Jahre alt. ci
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