■ Das Portrait: Xanana Gusmão
Seinen Verteidiger durfte er nicht frei wählen. Seine Verteidigungsrede brach der Richter nach fünf Minuten mit der Begründung ab, sie sei „ohne jegliche juristische Relevanz“. Vertreter internationaler Menschenrechtsorganisationen durften seinen Prozeß nicht beobachten. Portugals Außenminister José Manuel Durão Barroso fand denn auch das richtige Wort für dieses Verfahren: eine „Farce“.
Seit dem 1. Februar stand José Alexandre Gusmão, kurz Xanana genannt, in Ost- Timors Hauptstadt Dilli vor Gericht. Die Anklage gegen den 46jährigen Führer der Nationalen Befreiungsfront (Fretilin) lautete auf Separatismus, Aufruf zur Rebellion, konspirative Tätigkeit gegen den indonesischen Staat und illegalen Waffenbesitz. Am Freitag, den 21. Mai, wurde das Urteil gefällt: lebenslange Haft.
17 Jahre lang hatte Gusmão in den Wäldern des kleinen südostasiatischen Landes gegen das indonesische Besatzungsregime gekämpft, bis er am 20. November 1992 verhaftet wurde.
Dann wurde er nach Angaben von Pedro Pinto Leite, dem Generalsekretär der „Internationalen Juristen- Plattform für Ost-Timor“, körperlich und seelisch gefoltert. Zu Beginn seines Prozesses präsentierte sich Gusmão denn auch so, wie es die indonesischen Machthaber wünschten. „Ich bin Indonesier, katholisch und ein Störer des Friedens“, erklärte er am ersten Prozeßtag. Ausländische Journalisten durften den Prozeß nur während der ersten zehn Tage verfolgen.
Nur drei portugiesische Journalisten erlebten Xanana Gusmão auch am Tage der Urteilsverkündung. In seiner Verteidigungsrede verurteilte er die indonesische Besetzung der einstigen portugiesischen Kolonie als „kriminell und illegal“. Der Richter verbot ihm daraufhin das Wort. Gusmãos Rede wurde der Lissaboner Zeitung Publico zugespielt.
hier Foto Nr. 9
Foto: Reuter
Der Fretilin-Führer wirft darin den USA vor, die indonesische Invasion in Ost-Timor gebilligt zu haben und Indonesien, das in der einstigen portugiesischen Kolonie Völkermord begangen habe, auch weiterhin zu unterstützen. Die westeuropäischen Staaten beschuldigt er der „politischen Komplizenschaft mit Indonesien“. Deutschland hat erst vor kurzem U-Boote und anderes Kriegsmaterial dorthin geliefert. Theo Pischke
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen