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■ Das PortraitRosy Bindi

Die Attribute, die man ihr zuschreibt, füllen schon ganze Seiten, von „unbeugsamer Integralistin“, über „Chomeinianerin“ bis zu „Jakobinerin“ und „Eiserne Lady“ reicht die Liste. Sie selbst scheint dem Vergleich mit Jeanne d'Arc noch am wenigsten abgeneigt zu sei. Was sie am stärksten betont, ist eine heute von vielen eher belächelte, jedenfalls ganz und gar antiquiert scheinende Seite: „Ich bin Jungfrau, und das ist für mich ein Wert“, sagt sie, ohne Erröten und ohne Koketterie, und es ist wohl dieser Satz, der ihr im eher lasziv-doppelmoralischen Italien den meisten Respekt verschafft hat.

Rosy Bindi, knapp 40, kommt aus der Democrazia cristiana des Veneto, stammt aus einer geradezu modellhaft christdemokratischen Familie und verkörpert nun doch genau jenen Typ der Politkatholikin, der ganz und gar anomal ist: ehrlich bis ins Mark, sichtbar angewidert von den Machenschaften der Parteien, stets streitlustig und unbeugsam in ihrer Forderung, „den Wandel auch durch rücksichtslose Kaltstellung aller – aller! – bisherigen Amtsträger sichtbar zu machen“.

Innerhalb der Partei ist sie, neben dem allerdings wegen seiner Nuschelei und dem ewigmüden Trauerblick schwer verdaulichen Parteichef Mino Martinazzoli, die einzige noch präsentable Person – nachdem Hoffnungsträger wie der Antimafia- Kämpfer Leoluca Orlando und der Referendums-Promotor Mario Segni die DC verlassen haben und eigene Politgruppen führen.

Die Jeanne d'Arc von Italiens neuen Christdemokraten Foto: taz-Archiv

Gegner hat sie in der eigenen Partei mehr als außerhalb. Parteipräsidentin Rosa Russo Jevolino betont beispielsweise, daß „die Bindi nur ihre eigene Meinung, nicht aber die der Partei oder gar einer richtigen Strömung darin vertritt“.

Das allerdings will sie auch gar nicht – „Strömungen“, wie die Gefolgsrudel der Parteifürsten sich nennen, möchte sie in einer erneuerten Christenpartei nicht mehr zulassen, und an der Spitze einer solchen will sie schon gar nicht stehen. Bindi nämlich will die ganze Partei repräsentieren – doch, und das ist der wichtige Unterschied zu vorher, nicht mehr als die Partei der „katholischen Einheit“, sondern als eine von möglichen mehreren Interpretationen des christlichen – und auch des katholischen – Glaubens in der Politik. Werner Raith

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