■ Das Portrait: Jörg Kachelmann
TV-Wetterfrosch Foto: WDR
„Es gewittert wie's Tier!“ Was Jörg Kachelmann, Wetterfrosch im ARD-Morgenmagazin, voraussagt, trifft oft ein. So oft, daß man sich fragen möchte, ob der 34jährige Schweizer in seiner kleinen meteorologischen Station bei St. Gallen das Wetter vielleicht selber macht. Macht er nicht. Aber schon mit neun Jahren entschied sich Kachelmann, nicht wie die anderen Schweizer Bankier oder Skispringer zu werden, sondern Meteorologe. Seitdem beschäftigt er sich mit dem kryptischen Metier. Mit 25 Jahren produzierte er für den Schweizer Sonntagsblick seine erste Wetterkarte, mit 27 moderierte er bereits als Redakteur das Wissenschaftsmagazin im Schweizer Fernsehen. Vor zwei Jahren machte er sich in seinem 200 Jahre alten Bauernhaus im voralpinen Bächli mit einer computerisierten Wetterstation als Meteorologe selbständig. Seit dem Sendestart des ARD-Frühstücksfernsehens im Juli 1992 haben wir den „Wettermänn“ alle zwei Wochen auf dem Bildschirm. Insgesamt sechsmal findet er morgens zielsicher den goldenen Mittelweg zwischen dem trockenen Fachchinesisch der einen und dem tumben Geblödel der anderen TV-Meteorologen. Kachelmann ist einer der wenigen Leute im überflüssigen Frühstücksfernsehen, denen man verzeihen kann, daß sie ab sechs Uhr schon so verdammt ausgeschlafen sind. Die aufgesetzte Wir-sind- hier-alle-schon-total-gut- drauf-Fröhlichkeit, die um diese Zeit auf sämtlichen Kanälen oberstes Gebot zu sein scheint, ist ihm fremd. Was ihn darüber hinaus so sympathisch macht, ist die Begeisterung, die er jeder Form unseres Wetters – „eines der besten Wetter der Welt!“ – entgegenbringt: „Schon oft haben wir bei einem plötzlichen Wolkenbruch draußen gestanden und unsere richtige Voraussage physisch voll ausgekostet.“ Er spricht von Regen, nicht von Niederschlag, und schwärmt vom „Aprilwetter mit seiner klaren sauberen Luft und den schönen Blumenkohlwolken“, weil er der Meinung ist, daß Meteorologen zu wenig nett vom Wetter sprechen. Wenn er „schlechtes“ Wetter ansagen muß, dann lächelt er fast ein wenig entschuldigend. Denn er ist der klugen Überzeugung, daß „unser Wetter gut ist, auch wenn es schlecht ist. Noch. Deshalb sollten wir nett zu ihm sein. Sonst wird das Wetter schlecht, auch wenn es gut ist.“ Martin Sonneborn
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