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■ Das PortraitPéter Boross

Der Mann, der Ungarn nach dem Tode von József Antall mit aller Wahrscheinlichkeit regieren wird, war eigentlich schon Rentner. Nach Meinung von nicht wenigen seiner Landsleute wäre er das auch besser geblieben. Denn Péter Boross, bislang Innenminister und Interims-Regierungschef, ist nicht nur der starke Mann, als den ihn viele besorgt sehen. Schlimmer: Er versucht es ständig unter Beweis zu stellen.

Boross' manichäisches Weltbild schwankt zwischen den Polen „starker Staat“ und „übertriebener Liberalismus“. In seinen Reden malt er das in verschiedensten Schreckensvarianten aus. Er beschwört Visionen von „Fremdenzustrom“ und „Ausländerkriminalität“ herauf, spricht in einem Atemzug von „illegalen Sozialhilfeempfängern“ und „Umweltproblemen“. Er hält es für nötig, individuelle Rechte unter Umständen zugunsten der Gemeinschaft einzuschränken. In einer seiner neuesten Thesen macht der den „neuzeitlichen Liberalismus“ verantwortlich für „Krematorien und Gulags“.

Geboren 1928, absolvierte er ein rechtswissenschaftliches Studium und wurde wegen seiner Teilnahme an der ungarischen Revolution nach 1956 unter zweijährige Polizeiaufsicht gestellt. Vom Gaststättenkontrolleur stieg er Mitte der achtziger Jahre bis zum Direktor eines Budapester Gastronomieunternehmens auf und ging 1989 in Rente. Dann berief ihn die Antall-Regierung zunächst als Staatssekretär. Später beaufsichtigte er den Geheimdienst und wurde im Dezember 1990 Innenminister.

Wird vermutlich Antalls Nachfolger Foto: Reuter

Lange Zeit parteilos, versuchte er sich um so mehr als treuer Mann der Regierung zu profilieren. Im Sommer 1992 trat er der größten Regierungspartei, Ungarisches Demokratisches Forum (MDF), bei. Boross zählt zum rechts-national-konservativen Flügel der Partei.

Daß Staatspräsident Árpád Göncz ihn dem Parlament zur Wahl als Ministerpräsidenten vorschlagen wird, gilt als sicher. Im Parlament wiederum kann er auf die bisherige Koalitionsmehrheit zählen, die ihm ihre Zustimmung bereits klargemacht hat. Boross bemüht sich derzeit sichtlich, alle Bedenken zu zerstreuen, Ungarn könne seine Stabilität und demokratischen Errungenschaften einbüßen. Das zu beweisen kostet ihn einige Mühe. Die Frage ist, ob er sie aufbringen wird. Keno Verseck

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