■ Das Portrait: Grete Schickedanz
„Quelle“-Frau gestorben Foto: J.H. Darchinger
Zum Valentinstag 1986 schenkte sie den sechs Vorstandsmitgliedern ihres Konzerns („meinen Männern“) Krawatten. Dann kündigte sie für das folgende Jahr ihren Rückzug aus der Geschäftsführung an. Da war Grete Schickedanz, Chefin des Quelle-Konzerns, schon 74 Jahre alt und seit 60 Jahren bei der Firma. Am Samstag ist sie im Alter von 82 Jahren in Fürth gestorben.
„Erst mal sehn, was Quelle hat“, hieß es über Jahrzehnte für immer mehr Bundesbürger und vor allem -bürgerinnen. Das Fürther Versandunternehmen war 1927 von Gustav Schickedanz aus seinem Kurzwaren-Großhandel heraus gegründet worden. Mit dabei war der kaufmännische Lehrling Grete Lachner. Das Geschäft expandierte ebenso wie die Zuneigung zwischen Gustav und Grete, die 1942 heirateten. Vor Beginn des 2. Weltkriegs zählte das Haus eine Million Stammkunden und einen Umsatz von 40 Millionen Reichsmark. Nach Kriegsende ging's ungesäumt an den Wiederaufbau: 1954 betrug der Umsatz bereits wieder 260 Millionen. Einkaufspolitik, Marketing und Werbung (also auch der dickleibige Quelle-Katalog, mit einer Auflage von zwei mal zwölf Millionen jährlich wohl der absolute Bestseller im Lande) wurden maßgeblich von Grete Schickedanz gestaltet, ebenso wie die biedere Muttchen-Mode des Unternehmens. 1954 wurde sie Generalbevollmächtigte und Mitglied des Konzernbeirats. Mit „Quelle“ ging es unaufhaltsam aufwärts: 1974 beschäftigte das Unternehmen 36.000 Menschen und setzte 6,4 Millarden Mark um. Die goldenen Zeiten nutzte Grete Schickedanz zu zahlreichen betrieblichen Verbesserungen für weibliche Mitarbeiter, einer Herabsetzung der Altersgrenze auf 60 Jahre lange vor der entsprechenden gesetzlichen Regelung und zur Gründung eines Kindergartens und eines Altersheims.
Nach dem Tod von Gustav Schickedanz 1977 führte seine Witwe die neu gegründete Konzern-Holding und bewerkstelligte die Umstellung des Familienbetriebs auf modernes Management, stoppte aber allzu radikale Maßnahmen Ende der achtziger Jahre, die in einigen Bereichen gar zum Verlust des geheiligten Markennamens „Quelle“ geführt hätten. Bis 1993 bestimmte sie noch die Richtlinien der Unternehmenspolitik: eine Lebensleistung, die ihr die Republik mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband und der damalige Bundespräsident Weizsäcker mit dem Ehrentitel „First Lady der Industrie“ lohnte. ci
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen