■ Das Portrait: Mahmoud Abbas
Bevor sich vor einem Jahr und einem Tag PLO-Chef Jassir Arafat und der israelische Ministerpräsident Jitzhak Rabin in Washington die Hände schüttelten, setzten sich zwei andere ältere Herren an einen schweren Schreibtisch. Israels Außenminister Schimon Peres und der als Abu Masen bekannte PLO-Funktionär Mahmoud Abbas unterschrieben am 13. September 1993 vor dem Weißen Haus das „Gaza-Jericho-Abkommen“.
Letzterer bereiste dieser Tage die inzwischen teilautonomen Gebiete im Gaza- Streifen und in Jericho, die weiterhin besetzten Teile der Westbank sowie Israel. Angesichts der Folgen seiner Unterschrift kamen dem PLO-Funktionär offensichtlich herbe Zweifel an der Richtigkeit seines damaligen Tuns. Das in Washington geschlossene Abkommen sei „entgleist“, erklärte er. „Zur Rettung des Friedensprozesses“ sei „ein Neubeginn erforderlich“.
Offiziell bereiste Abbas die Region als Privatmann, unter anderem um die israelische Stadt Safed zu besuchen, wo er 1935 geboren wurde. Seine Äußerungen deuten jedoch darauf hin, daß die Reise auch politischen Zwecken dient. Unter Palästinensern wird gar gemunkelt, er wolle Arafat beerben. Einflußreiche israelische Politiker würden eine solche Entwicklung begrüßen.
Abbas gehörte zu den Hauptarchitekten des geheim in Oslo ausgehandelten „Gaza-Jericho-Abkommens“. Bald nach dessen Unterzeichnung wurde er von Arafats Nachfolger?Foto: Reuter
der PLO in den obersten israelisch-palästinensischen Kontaktausschuß zur Überwachung der Umsetzung des Abkommens berufen. Vor einigen Monaten zog sich Abbas jedoch von dieser und anderen politischen Funktionen zurück.
Obwohl Abbas bereits 1965 in die von Arafat geführte Fatah eintrat, gehört er nicht zur historischen Führungsschicht der PLO. Erst 1980 wurde er in deren Exekutivkomitee gewählt. Seit 1984 ist er dort Leiter der Abteilung für panarabische und internationale Angelegenheiten. Als PLO-Funktionär entwickelte er zahlreiche Kontakte zu friedensorientierten Israelis. Trotz seiner Beteiligung bei der Aushandlung der palästinensischen Teilautonomie hat es Abbas bisher abgelehnt, einen „Ministerposten“ in der von Arafat geführten „Palästinensischen Nationalautorität“ zu übernehmen. Kritiker werfen ihm deshalb vor, er hätte den Palästinensern „die Oslo-Suppe eingebrockt“, wolle „sie aber nicht auslöffeln“. Amos Wollin
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