Das Portrait: Auf gen Nato
■ Javier Solana
Spaniens Außenminister Javier Solana ist schlauer als sein Chef. Als nämlich Felipe González einst die Nachfolge von Jacques Delors als Chef der EU-Kommission angeboten wurde, lehnte er ab — aus Verantwortung gegenüber seiner Partei. Sein Minister hat da weniger Skrupel. Denn obwohl sich die spanischen Sozialisten noch zieren, ihn freizugeben, hat Solana doch deutlich signalisiert, daß ihn die Nachfolge von Willy Claes als Nato- Generalsekretär mehr interessiert als die Kandidatur zum spanischen Ministerpräsidenten bei den Wahlen im März.
Dabei ist er eigentlich gar nicht vom Fach. Der 53jährige hat sich als Wissenschaftler mit der Feststoffphysik seine ersten Sporen verdient. Auf über 30 Veröffentlichungen aus seiner Zeit als Professor an der Universität Complutense von Madrid kann er verweisen.
Aber schon in der Illegalität der Franco-Diktatur zog es Solana in die Politik. 1971 wurde er in den Madrider Regionalvorstand der sozialistischen PSOE gewählt, die er auch in der Demokratischen Koordination vertrat, dem wichtigsten Oppositionsbündnis jener Tage.
Nach Francos Tod vor fast genau zwanzig Jahren zahlte sich das frühe Engagement aus. Javier Solana wurde bei den ersten freien Wahlen ins Parlament gewählt. Seit 1982 sitzt der heutige Außenminister auf der Regierungsbank, erst als Kultur- und dann als Regierungssprecher.
Sollte Solana zum Nato- Generalsekretär gewählt werden, so wird seine Hauptaufgabe wohl in der Umsetzung des Bosnien-Friedensplanes zu sehen sein. Und neben Mostar, wo Außenminister Solana immer wieder die spanischen Blauhelme besucht, dürfte sich zumindest Als Nato-Kandidat gehandelt: Spaniens Außenminister Javier SolanaFoto: Reuter
noch Sarajevo bei ihm eingeprägt haben. Dort nämlich wurde im Spätsommer von serbischen Heckenschützen auf Solanas gepanzertes Fahrzeug das Feuer eröffnet. Er war sauer ob so viel Unverständnisses, hatte er doch immer wieder versucht, Friedensgespräche und Waffenruhen mit anzuregen. Zu gerne hätte er auch dem bosnischen Frieden seinen Stempel aufgedrückt. Schließlich war es ihm gelungen, Spanien bei den Friedensgesprächen zwischen Israel und der PLO, die immerhin einst in Madrid begannen, eine wichtige Rolle zuzuweisen. Vielleicht ist es Solana ja noch vergönnt, wenigstens der Umsetzung des Dayton-Abkommens seinen Namen aufzudrücken. Reiner Wandler, Madrid
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