■ Das Portrait: Der Talkman
Ron Sommer, Vorstandschef der Deutschen Telekom Foto: AP
Er ist multikulti, und er ist schnell. Kaum war Ron Sommer 1949 als Sohn eines Russen und einer Ungarin in Haifa geboren, zog die Familie auch schon nach Wien um. Dort promovierte Sommer mit 21 Jahren zum Doktor der Mathematik und wechselte in die Wirtschaft und über den großen Teich. Die Karrierechance küßte ihn, und er ergriff sie: Heinz Nixdorf, der Computerheld aus Paderborn, machte damals noch gute Profite und kaufte die amerikanische Firma, bei der Sommer arbeitete. Der junge Manager gefiel Nixdorf, im Zickzack durch verschiedene Länder stieg Sommer bis zum Chef des Konzernbereichs Übersee der Paderborner auf. 1980 verließ Sommer den Nixdorf-Konzern und wechselte zu Sony. Mit dem Siegeszug der Japaner und ihrer Walkmänner und Fernseher ging es weiter bergauf mit Sommer, erst zum Chef Sony Deutschland, dann zum Boß in den USA. Dort brachte er das flaue Geschäft wieder in Schwung. Als der erfolgreiche Troubleshooter als Nummer zwei zu Sony Europa 1993 nach Köln zurückkehrte, fraß er sich jedoch fest: Die Dependance machte Verluste, und sein Vorgesetzter Jack Schmuckli sah gar nicht ein, warum er Sommer in der Karriereleiter an sich vorbeiziehen lassen sollte. Sommer dürfte deshalb im Mai 1995 gerne seinen Fünfjahresvertrag als Chef der Telekom unterschrieben haben – vom Walkman zum Talkman. Vor allem weil die wichtigsten Verbindungen schon unter seinem Vorgänger Helmut Ricke geschaltet wurden: Der Beamtenhaufen Telekom war in eine AG umgewandelt, die Entlassung von 60.000 MitarbeiterInnen bis zum Jahr 2000 vereinbart. Und auch die jüngste Änderung der Gebühren nebst teureren Auskunftsdiensten war damals im Prinzip schon beschlossen.
Trotzdem wird Ron Sommer seinen klaren Kopf als Nichtraucher und strikter Antialkoholiker gut gebrauchen können: Wenn die Politiker nun eine Änderung der Gebühren fordern und allgemein die Stimmung gegenüber der Telekom nicht die beste ist, so wirkt sich das bestimmt nicht positiv auf den Börsengang der Telekom aus. Der ist für Mitte dieses Jahres geplant und mit einem Volumen von geschätzten 15 Milliarden Mark der größte der deutschen Aktiengeschichte. Doch der Boß ist überzeugt von seiner Firma: „Wir haben die Infobahn, in den USA reden sie noch davon“, sagte er dieses Jahr in einem Interview. Was soll da noch passieren? rem
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