Das Portrait: Mutig und couragiert
■ Katharina Bennefeld-Kersten
Die Knastleiterin Katharina Bennefeld-Kersten wurde Opfer eines Geiselnehmers und soll nun zurücktreten Foto: dpa
Eine Freundin deutlicher Worte und klarer Absprachen ist die 48jährige Psychologiedirektorin Katharina Bennefeld-Kersten, die seit 1991 die Justizvollzugsanstalt Salinenmoor im Landkreis Celle leitet. Die 160 Bediensteten und auch die 220 männlichen Gefangenen in Salinenmoor können sich auf Zusagen ihrer energischen Chefin verlassen. Dabei ist sich die Diplompsychologin der Grenzen des Strafvollzugs durchaus bewußt. Schließlich kann sie auf fast 20 Jahre Erfahrung im Umgang mit schwierigen Gefangenen zurückblicken.
Katharina Bennefeld-Kersten hat am vergangenen Montag nicht gezögert, sich als Geisel im die Gewalt eines Mörders und Vergewaltigers zu begeben im Austausch für eine ihrer Bediensteten, eine 40jährige Sozialarbeiterin, die der Gefangene mit dem Messer bedroht und vergewaltigt hatte. Sie brachte sich freiwillig in Lebensgefahr, wurde selbst Opfer des wegen mehrfacher Vergewaltigung Vorbestraften und steht dennoch auch heute zu ihre Entscheidung. „Auch bei nachträglicher, sorgfältiger und selbstkritischer Bewertung war meine Vorgehensweise richtig“, erklärte die Anstaltsleiterin, als sie nach nur zwei Tagen Urlaub ihren Dienst wieder aufnahm.
Vor dem Geisel-Austausch fürchtete Bennefeld- Kersten um das Leben der Sozialarbeiterin, später war ihr eigenes in Gefahr. Und dennoch konnte sie nach vier Stunden den Geiselnehmer zur Aufgabe bewegen: Er händigte ihr das Messer aus, bevor sie ihn den Beamten eines Sondereinsatzkommandos übergab.
Öffentlichkeit und Polizei haben ihr allerdings diesen couragierten Einsatz wenig gedankt – vielleicht gerade, weil sie auch in den Tagen nach der Geiselnahme Stärke zeigte, sich der Rolle eines Nur-Opfers verweigerte. Da wurde der Dienst von Frauen in Männer-Gefängnissen grundsätzlich in Frage gestellt. Da hätte die Polizei bis hinauf zum Innenstaatssekretär die Geiselnahme wohl lieber durch die Waffen des Sondereinsatzkommandos zu Ende gebracht. Die niedersächsische Justizministerin Heidi Alm-Merk und Katharina Bennefeld-Kersten kennen sich seit langen Jahren persönlich. Immerhin steht die Ministerin, deren Rücktritt jetzt die CDU fordert, zu ihrer Anstaltsleiterin, hat ihr „Verantwortung, Fachkompetenz und Mut bei ihrem selbstlosen Einsatz“ bescheinigt. Jürgen Voges
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