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Das PortraitDer Bürger-Polizist

■ Udo Behrendes

Der letzte Verfechter der „Bonner Linie“ geht. Wie kaum ein zweiter hatte Udo Behrendes Spaß an der polizeilichen Taktik der Deeskalation – auf den unzähligen Demonstrationen im kleinen Bonn ebenso wie bei der Belagerung des Bundestags an dem Tag, als das Asylrecht fiel. Der Einsatz im Mai 1993, den Behrendes und der damalige Polizeipräsident Michael Kniesel konzipiert hatten, stieß bundesweit auf Anerkennung und sorgte für rote Köpfe im Bundeskanzleramt. Heute nun verläßt der Leiter der Polizeiinspektion Bonn-Mitte die Bundesstadt. Im Polizeipräsidium werden nicht wenige aufatmen.

Als Behrendes Anfang der Neunziger im Bonner Hauptbahnhof mit dem Ordnungsamt eine gemeinsame Anlaufstelle für Obdachlose einrichtete, anstatt die Leute mit Platzverweisen einmal rund um die Stadt zu treiben, da sagten ihm einige Kollegen noch Karrierismus nach. Im August 1994 dann kam Verrat hinzu, als ihr Einsatzleiter nach einer eskalierten Kurden-Demonstration einen Beamten, der allzu eifrig eine Demonstrantin malträtiert hatte, wegen Körperverletzung im Amt anzeigte.

Bald darauf zählte Behrendes zu den Gründern des „Bonner Forum Bürger und Polizei“, das etwa die Numerierung von Polizisten in geschlossenen Einsätzen diskutierte und sich bald in der Frage um Bürger-Hospitationen mit der Behördenleitung anlegte. Da hatte sich der Karrierismusverdacht schon in den Vorwurf der Mediengeilheit verwandelt.

Ende Mai argumentierte der Jurist auf einer Podiumsdiskussion des Forums gegen das „sicherheitspolitisch kontraproduktive“ Verbot der PKK. Auch der Direktor des Deutschen Orient-Instituts war eigens aus Hamburg angereist – nur von den Kollegen aus Bonn-Endenich, –Poppelsdorf und –Bad Godesberg hatten nur eine Handvoll den Weg ins DGB- Haus gefunden. „Dieser Ansatz wird im Grunde boykottiert“, hat Behrendes mittlerweile erkannt. Denn „mit denen“, gemeint sind die Berufsnörgler im Kohlschen Sinne, setzt sich ein Polizist nicht an einen Tisch, schon gar nicht in seiner Freizeit.

„Ich bin sicher, daß viele Kollegen die Linie des Dialogs auf Demonstrationen fortführen werden“, sagt der künftige Dozent an der Kölner Fachhochschule für öffentliche Verwaltung dennoch. Bernd Neubacher

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