Das Portrait: Keine Absaufmadam
■ Barbara Jakubeit
Die Kündigung hat ihrer Karriere nicht geschadet: Als die damalige Bundesbauministerin Schwaetzer die Präsidentin der Bundesbaudirektion, Barbara Jakubeit, für das Hochwasserdesaster des Schürmann-Baus in Bonn verantwortlich machen wollte, hat Jakubeit ihrer Ministerin die Gefolgschaft gekündigt. Ihre Begründung: Sie sei doch nicht Schwaetzers Absaufmadam.
Nun wurde die 51jährige Architektin zur Berliner Senatsbaudirektorin gekürt. Ein Amt, das im Berliner Baugeschehen ebenso einfluß- wie traditionsreich ist. So hinterließ der Stadtbaurat Ludwig Hoffmann der Stadt zwischen 1896 und 1924 öffentliche Gebäude wie Schulen oder Krankenhäuser. Sein Nachfolger Martin Wagner trieb den Siedlungsbau am Berliner Stadtrand unter dem Leitbild Licht, Luft und Sonne voran, und Hans Scharoun pervertierte nach dem Krieg das Anliegen der Moderne bis hin zur Zerstörung des öffentlichen Stadtraums.
Als nach der Vereinigung 1990 auch die Debatte um das künftige Bild der Hauptstadt einsetzte, kam dem Posten des nunmehrigen Senatsbaudirektors erneut eine paradigmatische Funktion zu. Hans Stimmann, vom damaligen Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) nach Berlin geholt, hatte diese Rolle weidlich genutzt und sich mit dem Leitbild der „kritischen Rekonstruktion“ der Stadt des 19. Jahrhunderts nicht nur bei den Bauherrn, sondern auch den modernen Architekten viel Kritik zugezogen.
Inwieweit nun auch Barbara Jakubeit der Stadt ihren Stempel aufdrücken kann, ist vor allem eine Machtfrage innerhalb der Berliner Bauverwaltung. Während die gebürtige Konstanzerin dafür bekannt ist, Stahl- und Glasfassaden weitaus offener gegenüberzustehen als ihr in Stein vernarrter Vorgänger, läßt ihr Dienstherr, Bausenator Jürgen Klemann (CDU), keinen Zweifel daran, die Berliner Mitte am liebsten mit preußischen Stuckelementen vollkleben zu wollen. Die ersten Konflikte warten schon auf die Noch-Hochschullehrerin der TH Darmstadt, die ab August ihren bis zum Januar des Jahres 2000 befristeten Posten antritt. Es geht um so wichtige Richtungsentscheidungen, ob die Akademie der Künste am Pariser Platz mit Glas bauen darf und ob am Schloßplatz die Fassade des Hohenzollernschlosses wieder errichtet wird. Uwe Rada
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