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Das PortraitGewerkschafter im Kirchenasyl

■ Kwon Young Kil

Eine Vorladung vor Gericht hat die südkoreanische Regierung bereits erwirkt, ein Haftbefehl ist schon beantragt worden – nur erwischt hat die Polizei den 55jährigen Gewerkschaftsfunktionär bislang noch nicht.

Kwon Young Kil, dem der ganze Aufwand gilt, hat sich gemeinsam mit weiteren Gewerkschaftsvertretern ins Kirchenasyl geflüchtet, um der Festnahme zu entgehen. Dort überreichte ihm ein 20köpfiges Polizeiaufgebot denn auch am Donnerstag die Vorladung vor Gericht. Hingehen wird er nicht, genausowenig wie die anderen 19 angeklagten führenden Mitglieder der von der Regierung nicht anerkannten Gewerkschaftsorganisation KCTU.

Kwon weiß, warum. Er wurde bereits mehrmals wegen illegaler gewerkschaftlicher Betätigung verhaftet, zuletzt am Gründungstag der KCTU, dem 23. November 1995. Wegen der „Einmischung Dritter“ in laufende Arbeitskämpfe wurde er angeklagt. Kwon hatte sich im Mai und Juni 1994 in mehreren Reden mit streikenden Arbeitern solidarisiert und versucht, mit den verhandlungsunwilligen Konzernen zu vermitteln. Das aber kann in Süd-Korea mit Haftstrafen bis zu fünf Jahren geahndet werden. Im Januar 1996 wurde ihm der Prozeß gemacht – er kam erst gegen Kaution frei, als ihn eine internationale Gewerkschaftsdelegation im Gefängnis besuchen wollte.

Die KCTU, deren Gründung Kwon initiiert hatte, ist nach südkoreanischer Gesetzgebung illegal. Die nämlich verbietet neue Gewerkschaften, wo es bereits eine gewerkschaftliche Organisation gibt – ein Versuch der Regierung, das Monopol des mit dem Staat kooperierenden Gewerkschaftsverbands FDU zu erhalten.

1981, zur Zeit der Militärdiktatur, hatte Kwon das Land verlassen und war nach Paris gegangen, wo er als Korrespondent der südkoreanischen Tageszeitung Seoul Shinmun arbeitete. Als er 1988, ein Jahr nach der einsetzenden Demokratisierung in Süd-Korea, nach Seoul zurückkehrte, begann er, erste gewerkschaftliche Organisationen im Dienstleistungssektor aufzubauen, wo es keine offizielle Gewerkschaft gab. Daß sich heute auch die regierungstreue Gewerkschaft der Streikbewegung anschließt, kann Kwon als ersten Erfolg verbuchen. Knut Henkel

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