Das Portrait: Die Chefin vom Dreamteam
■ Petra Marx
Petra Marx wird überhäuft mit Komplimenten. Eine schöne, eine kluge, eine zupackende Frau sei sie. Die Großbuchstabenpresse überschlägt sich: „Ein ganzes Dorf zittert vor ihr.“ Petra Marx erledigt ihren Job. Sie tut, was sie tun muß. Schließlich ist sie Staatsanwältin. Bloß, daß sie derzeit an einem spektakulären Fall sitzt. Wer hat Geld dafür gezahlt, damit das bezugsfertige Asylbewerberheim in Dolgenbrodt in der Nacht zum 1. November 1992 in Flammen aufging?
Seit drei Wochen wirbelt Petra Marx (34) das märkische Dorf durcheinander. Den Einwohnern wäre es lieber gewesen, mit ihrem gemeinsamen Schweigen die Sache ein für allemal aus der Welt zu schaffen. Schließlich wurde doch ein Täter bereits verurteilt. Doch der Version vom irregeleiteten Einzeltäter mochte Petra Marx nicht folgen. Die Staatsanwältin aus Frankfurt (Oder) will beweisen, was viele vermuten: Der Brand war eine Auftragsarbeit aus dem Dorf. Sie wartete, bis das Urteil gegen den Verurteilten rechtskräftig wurde. Im Dezember zitierte sie ihn zu sich und verhörte ihn sieben Stunden lang. Diesmal als Zeuge. Seither nimmt sie ehrenwerte Dolgenbrodter Männer in die Mangel. Diejenigen, die offen vor dem Haftrichter plauderten, durften wieder zurück ins ländliche Idyll. Vorläufig. Solche Ermittlungserfolge kommentiert Petra Marx als „kleine Sternstunden“.
Den Ehrgeiz, sagt sie, habe sie vom Vater. Der regierte in den 80er Jahren die sozialistischen Musterstädte Schwedt und Eisenhüttenstadt. Petra Marx lernte das Leben im Arbeiter- und Bauernstaat von der Pieke auf. Als gelernte Chemiefacharbeiterin arbeitete sie als Anlagenfahrerin in Schwedt. In Jena paukte sie Jura.
Seit fünf Jahren arbeitet sie nun in der politischen Abteilung. Mit zwei anderen Staatsanwälten bearbeitet sie die Dolgenbrodter. Zwei junge Herren aus dem Rheinland assistieren ihr. „Wenn die Chefin sich an einem Fall festgebissen hat, werden die Nächte lang“, sagt Eugen Larres. Hochmotiviert ermittele das Dreamteam, weil in Dolgenbrodt eine „Riesenschweinerei gelaufen ist. Nicht nur rechtlich, sondern auch menschlich gesehen.“ Eugen Larres ist stolz auf seine Chefin. Deren Hartnäckigkeit und ihre energischen Verhöre imponieren mehr als gutes Aussehen. Annette Rogalla
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen