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Das PortraitDer junge Tory, der wohl zu früh kommt

■ William Hague

Er scheint der einzige, der die zerstrittenen Tory-Flügel einen könnte: William Hague, bis Donnerstag als Minister für Wales zuständig. Hague ist erst 36. Vor zwanzig Jahren machten ihn die Medien zum berühmtesten Polit- Teenager der Siebziger, nachdem er auf dem Tory- Parteitag eine Rede „mit der Zunge eines Erwachsenen“ gehalten hatte, wie eine Zeitung schrieb. Hague ging damals noch aufs Gymnasium in Wath-on-Dearne in der nordenglischen Grafschaft Yorkshire.

Er ist der letzte Tory, der eine Nachwahl gewonnen hat: 1989 wurde er als Abgeordneter für Richmond im Süden Englands gewählt. Danach ernannte ihn Margaret Thatcher zum Staatssekretär im Sozialministerium – ein Posten, auf dem sowohl Thatcher selbst als auch John Major ihre Karrieren begonnen hatten. Zwei Jahre später übernahm Hague das Ministerium für Wales.

Was gegen ihn spricht, ist sein Alter. „Er weiß natürlich, wie gefährlich es ist, zu früh zum Höhepunkt zu kommen“, sagte einer seiner Anhänger, „aber er ist der einzige, der die intellektuellen Fähigkeiten besitzt, um diese Partei politisch und organisatorisch wiederzubeleben.“ Ein ehemaliger Minister sagte jedoch: „Hague leidet unter Haarausfall. In drei Jahren sieht er aus wie ein Golfball.“ Andere Abgeordnete forderten, die Wahl bis Juli zu verschieben, damit sich die Tories über ihren Kurs in bezug auf Europa klarwerden können, bevor sie einen Parteichef wählen. Hague gilt als halbrechts und ist gemäßigt euroskeptisch.

Hague profitiert davon, daß der Exverteidigungsminister Michael Portillo, einer der Favoriten für die Major- Nachfolge, am Donnerstag überraschend seinen Sitz verlor. Der bisherige Schatzkanzler Kenneth Clarke hat keine Chance, weil er zu pro- europäisch ist. Die drei Kandidaten des rechten Flügels, Michael Howard, John Redwood und Peter Lilley, nehmen sich gegenseitig die Stimmen weg. Bleibt der ehemalige Gesundheitsminister Stephen Dorrell, da er ebenso wie Hague nicht eindeutig einem Flügel zugerechnet werden kann. Morgen nach der Vereidigung der Abgeordneten werden die Möchtegern-Tory-Chefs mit der Stimmwerbung beginnen. Das Häuflein der Wahlberechtigten ist diesmal überschaubar: Es gibt nur noch 165 Tory-Abgeordnete. Ralf Sotscheck

William Hague gilt als Favorit für die Nachfolge John Majors als Chef der britischen Tories Foto: taz-Archiv

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