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Das PortraitRaus aus dem Damenspeisesaal

■ Swanee Hunt

Auch als Tochter eines texanischen Millionärs kann man mit Diskriminierung konfrontiert werden. Swanee Hunt wollte sich als Teenager in den 70er Jahren zu einem Geschäftsessen mit einem Manager der väterlichen Ölgesellschaft im Petroleum Club treffen. Dort wurde ihr ein kleiner Nebenraum zugewiesen, der Damenspeisesaal. Spätestens seit diesem Erlebnis begann sie sich für Frauenrechte zu interessieren. Einen Höhepunkt des Engagements von Swanee Hunt, derzeit US-Botschafterin in Österreich, bildete die internationale Frauenkonferenz „Vital Voices“, in deren Rahmen letzte Woche 300 Frauen aus Ost und West in Wien zusammenkamen.

Daß Hunt 1993 als Botschafterin in Wien landete, verdankt die vielseitige Frau dem US-amerikanischen Usus, neben Karrierediplomaten auch persönliche Freunde auf Auslandsposten zu setzten. Mit Hillary Clinton ist die heute 47jährige Hunt seit 1964 bekannt, als beide für den Wahlkampf von Barry Goldwater, dem reaktionärsten der republikanischen Präsidentschaftsanwärter der Nachkriegszeit, arbeiteten. Beide wurden im Laufe der Zeit zu „Liberals“, also am linken Rand der Demokratischen Partei angesiedelten Intellektuellen.

Trotz des Reichtums ihrer Eltern galt das Engagement der jungen Hunt der düsteren Kehrseite des „American dream“: „16 Jahre lang arbeitete ich für die Armen, schwangere Teenager, mißbrauchte Kinder und gegen jede Form von Diskriminierung.“ Hunts Leben führte über ein theologisches Seminar in eine Ehe mit einem protestantischen Pastor. Als diese Verbindung nach 15 Jahren scheiterte, heiratete sie einen Dirigenten. Dazwischen arbeitete sie als Psychotherapeutin, schrieb Gedichte und fotografierte.

Als Botschafterin in Wien bereicherte sie das diplomatische Parkett mit ihrer unkonventionellen Art. Aber sie mußte auch für ihr Land geradestehen, als unter Österreichs neutralem Boden Waffenlager der Alliierten entdeckt wurden. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit in Österreich galt dem ehemaligen Jugoslawien, wo sie sich aktiv um Wiederaufbau und Versöhnungspolitik bemühte. Ihre „Vienna Women's Initiative“ lud regelmäßig serbische und kroatische Frauen aus Slawonien zur Kontaktaufnahme nach Wien ein. Diese Arbeit bestärkte Hunt in der Überzeugung, daß eine echte Versöhung ohne aktive Mitarbeit der Frauen undenkbar ist. Ralf Leonhard

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