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Das PortraitRomanfigur und Außenminister

■ Jaroslav Sedivy

Die Ministerwürde kam für den neuen tschechischen Außenminister Jaroslav Šedivý überraschend. Nur wenige Stunden nach dem unerwarteten Rücktritt seines Vorgängers Josef Zieleniec wegen parteiinterner Querelen akzeptierte Präsident Václav Havel den 68jährigen Diplomaten letzten Donnerstag als Nachfolger.

Überraschend für die tschechische Öffentlichkeit ist, daß der neue Minister sogar schon zu literarischen Ehren gekommen ist. Die Prager Zeitung Lidove Noviny enthüllte am Samstag, daß Šedivý die Vorlage für eine Figur in Milan Kunderas Bestseller „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ bildete. Der Arzt Tomas in dem Roman ist das literarische Pendant des Historikers Jaroslav Šedivý.

Šedivý arbeitete von 1957 bis 1970 im Archiv des Prager Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft. Den Posten verlor er wegen seines Engagements im „Prager Frühling“. „Subversive Tätigkeit“ warf ihm die Justiz vor und verurteilte ihn zu 18 Monaten Gefängnis. Nach seiner Entlassung schlug Šedivý sich als Holzfäller, Fahrer und Fensterputzer durch. Politisch trat er durch seine Unterschrift unter die „Charta 77“ in Erscheinung.

Während der „sanften Revolution“ nach dem 17. November 1989 bildete Šedivý in der Revolutionsbewegung „Bürgerforum“ einen Kreis außenpolitisch Interessierter. Wenige Wochen später wurde er zum Botschafter in Paris berufen, 1995 wechselte er nach Brüssel. Dort sollte er die Tschechische Republik nach deren möglicher Aufnahme in das Atlantische Bündnis auch vor der Nato vertreten.

Den Beitritt zur Nato und zur EU wird sich Šedivý nun als frischgebackener Minister ganz oben auf seine Agenda schreiben können. Ministerpräsident Václav Klaus erklärte, dies blieben die beiden Hauptziele der tschechischen Außenpolitik. Die mitregierenden Christdemokraten jedoch glauben nicht, daß in der Regierung alles so bleiben kann wie bisher: Sie fordern eine Vertrauensabstimmung über ein neues Regierungsprogramm. Die seit Monaten schwelende Krise in der Prager Regierungskoalition ist durch die schnelle Ernennung Šedivýs nicht gelöst. Obwohl Šedivý parteilos ist, bleibt der neue Minister von dem Parteiengezänk nicht verschont: Die unerträgliche Leichtigkeit des Minister-Seins. Peter Schumacher

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