Das Portrait: Die Frau mit dem rasanten Mund
■ Jeanne Moreau
Noch ist sie mit im Spiel. Daß sie es gewinnen kann, ist zweifelhaft, denn jetzt verhandelt der Diogenes Verlag mit einem Hollywood Major: Jeanne Moreau möchte „Der Vorleser“ von Burkhard Schlink verfilmen. Sie ist also noch immer aktiv. Es wäre nicht ihre erste Regie. „Im Scheinwerferlicht“ (1976), die Geschichte einer Schauspielerin, die mit dem abgedrehten Film auch ihre Liaison mit dem Regisseur beendet, um mit ihrem nächsten Film eine Affäre mit einem deutschen Schriftsteller zu beginnen, wurde von der Kritik gelobt, doch kein Publikumserfolg. Ähnlichkeiten der von ihr auch geschriebenen Geschichte mit ihrem Leben sind natürlich zufällig.
Am 23. Januar 1928 in Paris geboren, und genau an ihrem zwangzigsten Geburtstag als jüngstes Mitglied in die Comédie Française aufgenommen, hatte Jeanne Moreau schon in einigen billigen Thrillern gespielt (unter anderem an der Seite von Jean Gabin), bevor ihr 1958 mit Louis Malles „Fahrstuhl zum Schafott“ der große Durchbruch gelang.
Es war dann François Truffaut, der Malle in der Rolle des Regisseurs und Liebhabers nachfolgte und ihre Position zwischen zwei Männern – um schließlich mit einem Dritten abzuziehen – in „Jules und Jim“ festigte. Dieser Dritte und kurzfristige Ehemann, mit dem sie 1977 für zwei Jahre nach Los Angeles verschwand, hieß William Friedkin („Der Exorzist“). Hollywood war also nicht zu jeder Zeit Gegenspieler der Schauspielerin, die mit der Nouvelle Vague, die in den 60er Jahren den französischen Film prägte, zum Star geworden war.
Schon in Louis Malles „Viva Maria“ (1965), als sie mit Brigitte Bardot stripteasetanzend die Flagge der Revolution hißte, hatten sich übrigens hollywoodgerechtes Spektakel und verschrobene Nouvelle-Vague-Effekte aufs Köstlichste verbunden. Neben Truffaut und Malle arbeitete sie mit nahezu jedem namhaften Regisseur, ob Orson Welles, Joseph Losey, Michelangelo Antonioni, Buñuel, Fassbinder oder in den 80er Jahren im Theater mit Klaus Michael Grüber. Und immer brachte sie in ihren Rollen jenen modernen weiblichen Eigenwillen zum Ausdruck, zu dem ihr der sensationelle Mund, mit seinem ebenso trotzigen wie sinnlichen Schwung, so gut stand. Sie trug ihn großartig. Sie trägt ihn noch immer großartig. Brigitte Werneburg
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