Das Portrait: Als erster Deutscher ins Weltall geflogen
■ Sigmund Jähn
Der erste Deutsche im All, hieß der nicht anders? Irgend was mit Meer? Bis 1983 mußte die Bundesrepublik warten, ehe sie mit einem eigenen Mann im Weltraum aufwarten konnte. Als dann Ulf Merbold an Bord der US- Raumfähre Columbia durch die Sphären schwebte, schwappte Astro-Begeisterung durch die Republik: ein Deutscher ganz oben. Daß Sigmund Jähn aus Rautenkranz im Vogtland schon fünf Jahre zuvor einen erfolgreichen Trip zu den Sternen absolviert hatte, wurde weitgehend verdrängt – denn Jähn war 1978 für die DDR ins All gestartet.
Den Umgang mit Politprominenz ist der heute 61jährige noch aus alten Ostzeiten gewohnt – ihn schmückten einst die Ehrentitel „Fliegerkosmonaut der DDR“, „Held der DDR“ und „Held der Sowjetunion“. So dürfte Jähn seine gestrige Begegnung mit Roman Herzog nicht über die Gebühr beeindruckt haben – bedeutsam war sie eher fürs deutsche Geschichtsbild nach der Vereinigung. Sigmund Jähn, Exgeneral der NVA, wurde vom Deutsch-Russischen Forum für sein Engagement in Rußland ausgezeichnet, das Preisgeld betrug 10.000 Mark, und der Bundespräsident hielt eine Rede. Ein Ostheld wurde geehrt, wo's in Merbold auch einen Westmann gibt.
Nominell gilt die Auszeichnung natürlich weder Jähns Rolle als „Prototyp des politisch bewußten DDR- Offiziers“, als der ihn ein aktuelles Nachschlagewerk immer noch führt, noch seiner Verkörperung der sozialistischen Freundschaft mit dem Brudervolk. Vielmehr wird in ihm der Technokrat und Raumfahrtspezialist geehrt, der seine Expertise nach 1989 dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt zur Verfügung stellte. Im sogenannten Sternenstädtchen bei Moskau, dem Ausbildungszentrum für russische Kosmonauten, arbeitet Jähn seit Jahren als Berater für die Mir-Missionen.
Die gesamtdeutsche Anerkennung für Jähn kommt spät und nur zögerlich. In die Bundeswehr wäre er mit seiner Karriere als hochrangiger Berufsoffizier in der DDR- Luftwaffe sicher nicht übernommen worden. Wenn auch niemand recht zu sagen weiß, ob der Titel „Held der DDR“ heute noch gültig ist, rein ordenstechnisch, zwei Privilegien aber bleiben Siegmund Jähn: Er ist Ehrenbürger von Berlin – und der erste Deutsche im All. Patrik Schwarz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
