Das Portrait: Solider Beschleuniger
■ Walter Homolka
Gut zwei Monate ist Walter Homolka nun Chef bei Greenpeace Deutschland. Keine lange Zeit, um dem Umweltriesen Beine zu machen, bei dem sich seit Brent Spar und Moruroa eine „Buchhaltermentalität“ breitgemacht hat, wie Ex- Campaigner Ulrich Jürgens kritisierte. Doch bei dem Tempo, das Homolka in seinem eigenen Leben vorgelegt hat, müßte bald wieder frischer Wind bei Greenpeace wehen.
Der Mittdreißiger studierte Theologie, Philosophie, Erwachsenenpädagogik und Wirtschaftsethik. Schon bevor er 1990 in Greenwich seinen ersten Doktor im Fachgebiet Banking baute, startete er seine Karriere bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank in München, im Wertpapiergeschäft. 1992 folgte dann am King's College in London ein Doktor in Religious Studies.
Im gleichen Jahr wechselte er als Vorstandsassistent zur Bertelsmann Buch AG – einem der typischen begehrten Posten für aufstiegswillige Jungmanager. 1993 schloß er schließlich noch einen Magister in „Jüdische Studien“ ab. Homolka wurde schließlich Chef des Vorstandsstabes bei Bertelsmann Buch. Nebenbei schrieb er noch diverse Veröffentlichungen zu Umwelt- Geldanlagen und religiösen Fragen des modernen Judentums. Kein Wunder: Rabbiner ist Homolka auch noch.
Sein Einstieg beendete ein längeres „Interregnum“ an der Spitze von Greenpeace Deutschland, das nach dem Ausscheiden seines Vorgängers Burkhard Gnärig im Dezember 1996 entstanden war. Gnärig war von terre des hommes gekommen und hatte wegen „zu hoher Belastungen als Hauptgeschäftsführer“ das Handtuch geworfen. Sein Vorschlag, einen weiteren Geschäftsführer einzustellen, war abgelehnt worden. Den Laden schmissen danach die beiden Stellvertreterinnen Birgit Radow und Brigitte Behrens alleine.
Daß Homolka trotz seiner Lehrjahre bei Bertelsmann keinen Schmusekurs gegenüber der Industrie fährt, bekommen als erste die Atomkonzerne im Castor-Skandal zu spüren. Homolka wirft ihnen vor, „wie eine kriminelle Vereinigung“ gehandelt zu haben. Konsequenterweise hat Greenpeace gestern Strafanzeige wegen Körperverletzung erstattet. Das deutet darauf hin, daß Homolka keine Gelegenheit auslassen wird, Greenpeace Deutschland wieder in der vordersten Öko-Front zu plazieren. nbo
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