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Das PortraitRealpolitiker und erfahrener Diplomat

■ Knut Vollebæk

Eigentlich sollte es nur ein Höflichkeitsbesuch zum Amtsantritt als turnusgemäßer neuer Vorsitzender der OSZE werden. Nun wurde die Reise zwischen Tirana, Belgrad und Pristina, von der Knut Vollbæk heute nach Oslo zurückkehrt, zu einem Trip in ein akutes Krisengebiet. Dabei durfte der norwegische Außenminister gleich erste Proben seiner diplomatischen Fähigkeiten geben.

Unbekannt ist ihm die Region nicht. 1993 war er schon einmal mit Thorvald Stoltenberg in Exjugoslawien unterwegs. Als Vermittler im Krajina-Konflikt zwischen Serben, Kroaten und muslimischen Bosniern. Dabei setzte er eigene Zeichen, daß in diplomatischen Kreisen von Zagreb damals anerkennend von einem „Vollebæk-Plan“ die Rede war. In der Krajina lernte er nach eigener Einschätzung viel für die neue Herausforderung als Außenminister und OSZE-Vorsitzender: „Wir mußten eine Lösung zwischen drei Parteien finden, die alle ein wenig recht und ein wenig unrecht hatten. Dies war unser Werkzeug, das es auszunutzen galt: Ich nenne es Realpolitik, andere Zynismus.“

Der 52jährige Pfarrerssohn und Sozialökonom schlug 1973 die Diplomatenlaufbahn ein. Nach Dienst in Neu-Delhi, Madrid, Harare und San José ernannte ihn der damalige Außenminister in der konservativen Regierung Syse, Kjell Magne Bondevik, 1989 zu seinem Staatssekretär. Schon die Koffer für einen Botschafterposten in Paris gepackt, wurde Vollebæk 1997 vom Wahlsieg seiner Christlichen Volkspartei überrascht. Der neue Premier Bondevik ernannte seinen Ex-Staatssekretär trotz lauter Kritik an dessen Befürwortung eines EU-Beitritts zum Außenminister.

Während die einheimische Opposition von links meint, er passe perfekt in die Laienschar der vorwiegend am parlamentarischen Abgrund balancierenden Regierung in Oslo, wird ihm von rechts bescheinigt, er sei der einzige Profi in der Bondevik-Koalition. Seit neuesten steht er aber auch im eigenen SympathisantInnenlager unter Beschuß: Allzu bereitwillig habe er Norwegens außenpolitisches Fähnchen in den USA-Wind gehängt, als vor Weihnachten die Bomben auf Bagdad niedergingen. Auch in seiner OSZE-Rolle dürften eigene Meinung und selbständige Initiativen das letzte sein, was man von Vollebæk erwarten sollte. „Wir müssen“, beschrieb er seine Aufgabe, „einen Kurs ausstecken, dem alle folgen können.“ Reinhard Wolff

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