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Das PortraitTerrorist mit VIP-Karte

■ Abu Daud

Seine „terroristische Karriere“ sucht ihresgleichen. Der Meister des politischen Attentats stand zweimal vor einem Erschießungskommando. Der „Schwarze September“, eine palästinensische Untergrundgruppe zu Beginn der 70er Jahre, besetzte zwei Botschaften, um ihn freizupressen.

Nie waren die Gerüchte verstummt, daß Muhammad Daud Mahmud Auda alias Abu Daud einer der Drahtzieher des Attentats auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen 1972 in München war. Elf Israelis, fünf Palästinenser und ein deutscher Polizist waren bei der dilettantischen Befreiungsoperation ums Leben gekommen. In seinem jüngsten Buch „Von Jerusalem nach München“ bestätigt der Palästinenser alle Vermutungen. Das brachte ihm einen neuen internationalen Haftbefehl ein, ausgestellt von der Staatsanwaltschaft in München.

Seit 1996 lebt Abu Daud unbehelligt in Ramallah im Westjordanland – mit Genehmigung der Israelis. Als Mitglied des Palästinensischen Nationalrats verfügt er über eine israelische VIP-Karte, die ihm freies Reisen in Israel und den besetzten Gebieten erlaubt. Die wurde ihm nun von der scheidenden Regierung Netanjahu aberkannt. Seine Rückkehr aus Jordanien mußte er verschieben. Als Interpol-Mitglied müßte Israel ihn an Deutschland ausliefern.

Er bedauere nichts von dem, was er getan habe, erklärte Abu Daud gegenüber der Jordan Times. Es sei Teil des „Krieges zwischen Israel und der PLO“ gewesen. Den deutschen Behörden versprach er eine „juristische Schlacht“.

Seine militärische Ausbildung erhielt Abu Daud in der DDR. Seine „Spezialität“ waren Verkleidungen und der Transport von Waffen und Sprengstoff in präparierten Fahrzeugen.

Der fast zwei Meter große heute 62jährige ist eine imposante Erscheinung. Sein Unterkiefer hängt leicht schief, seit ihn Schergen des palästinensischen Renegaten Abu Nidal 1981 in einem Warschauer Hotel niederstreckten. Trotz schwerer Verletzungen verfolgte er die Täter bis in die Lobby, wo er zusammenbrach.

In den letzten Jahren führte Abu Daud ein eher beschauliches Familienleben. Das dürfte nun erst einmal vorbei sein. Doch weder die israelische noch die deutsche Regierung dürften besonderes Interesse haben, Abu Daud tatsächlich vor Gericht zu stellen. Georg Baltissen

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