■ Das Portrait: Die radioaktive Wunderwaffe
Die Neutronenbombe ist eine ganz besondere Waffe. Ihre Fähigkeit liegt, so der Militärjargon, vor allem in der Vernichtung von Lebewesen. Die Materialschäden an Gebäuden, aber auch anWaffen wie Panzern halten sich dagegen in Grenzen. Das hat einen Grund: Während die Wirkung herkömmlicher Atomwaffen vor allem auf der bei der Kernspaltung freigesetzten Druck- und Hitzewelle beruht, geben Neutronenwaffen den größten Teil ihrer Energie in Form harter Neutronenstrahlung ab.
Die Waffe, die Lebewesen vernichtet, aber „Material“ schont Foto: Archiv
Die Strahlung hat Lichtgeschwindigkeit, durchdringt fast alle Materialien in den üblicherweise verwendeten Stärken und führt je nach Intensität innerhalb von Minuten oder Wochen zum Tod. Die vergleichsweise geringe Hitze- und Druckentwicklung des auch als ER-Waffe (enhanced radiation – verstärkte Strahlung) bezeichneten Kriegsgeräts „verschont“ dagegen Gebäude und Kriegsgerät.
Der radioaktive Niederschlag der 1958 von dem Amerikaner Samuel Cohen entwickelten Waffe ist gering: Bereits 24 Stunden nach der Explosion kann das betroffene Gebiet wieder gefahrlos betreten werden. In der Zeit des Ost-West-Konflikts wurde der Einsatz von Neutronenwaffen für einen Kriegsfall in Europa in Erwägung gezogen, um gegen eine sowjetische Überlegenheit an Panzern ohne atomare Verseuchung des Kontinents vorgehen zu können.
Beim Zünden eines Neutronensprengkopfes wird eine Kernspaltung eingeleitet, um für eine dann folgende Kernverschmelzung Energie zu liefern. Im Gegensatz zur Kernspaltung entsteht bei dem Fusionsprozeß viel mehr sogenannte Initialstrahlung, vor allem Neutronen-, aber auch Gammastrahlen.
Bislang unklar ist, welche Länder bereits über Neutronenbomben verfügen, wie die USA, oder in der Lage sind, solche Waffen zu bauen. Im französischen Wahlkampf 1988 gab es eine hitzizige Debatte über den möglichen Bau einer „französischen“ Neutronenbombe. Das Stockholmer Institut für Friedensforschung gab im Jahre 1992 bekannt, daß auch Rußland über die Materialien zum Bau einer solchen Bombe verfüge. Damit würden nach Meinung des Instituts auch andere Länder, vor allem solche, die russische Techniker verpflichteten, die Fähigkeit erwerben, solche Bomben zu bauen. Dazu gehörten beispielsweise Iran, Irak und Israel. Das einzige Land aber, das jetzt den Besitz dieser Waffe eingestanden hat, ist die Volksrepublik China. dpa/taz
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen