Das Portrait: Briefbomber erhängt sich
Franz Fuchs
Seine Bastelleidenschaft führte ihn in den Tod. Franz Fuchs, der bajuwarische Briefbomber, den Österreich wegen mehrfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte, wurde am Samstag in seiner Gefängniszelle erhängt aufgefunden. Der 50-Jährige soll sich mit dem Kabel seines Rasierapparates stranguliert haben.
Wie der hasserfüllte Sonderling das hinbekommen hat, ist ähnlich rätselhaft wie seine Biografie. Dem Mann, auf dessen Konto wahrscheinlich 25 Briefbomben, vierfacher Mord und ein Dutzend Schwerverletzte gehen, hatte seit seiner Festnahme im Oktober 1997 keine Hände mehr – er verlor sie, als eine seiner Bomben zu früh explodierte.
Fuchs öffentliches Bild schwankte stets zwischen Genie mit Bombenhirn und Versager. Als Schüler soll er in den Pausen Wagner-Arien gesungen und mit seinem Physiklehrer Einsteins Relativitätstheorie disputiert haben. Sein Geld verdiente er sich mit Aktienspekulationen. Sonst kam er im Leben nicht zurecht. Er war arbeitslos und lebte zuletzt bei seinen Eltern. Festgenommen wurde er, weil er mit seinem Auto so hartnäckig zwei Frauen verfolgte, bis diese die Gendarmen riefen.
Die Zufallsfestnahme brachte den Sicherheitsbehörden endlich den Täter für die Serie von Briefbombenattacken gegen Prominente – darunter die Talkmoderatorin Kiesbauer und den Wiener Bürgermeister Zilk, der das Attentat mit einer verstümmelten Hand bezahlte. Für die Polizei war Fuchs schnell Einzeltäter und Urheber einer sich elaboriert rechtsextrem äußernden „Bajuwarischen Befreiungsarmee“. Fuchs bekannte sich zu dem tödlichen Anschlag auf vier Roma in Oberwart, bezeichnete sich stets nur als dritter Mann des „BBA-Kampftrupps Steiermark“.
Tatsächlich blieben bis heute Zweifel, ob allein Fuchs für die braune Terrorwelle verantwortlich sein konnte. Auch seine Todesumstände sind merkwürdig. Fuchs, der statt Prothesen nur mit seinen Armstumpen hantierte, wurde 1999 in eine eigens umgebaute Zelle des Karlau-Knastes in Graz verlegt. Eine Videoüberwachung gab es dort, anders als in der Untersuchungshaft, für den hochgradig Suizidgefährdeten nicht.
Österreichs Justizministerium teilte mit, der Selbstmord sei nicht zu verhindern gewesen. Gerichtspsychiater Reinhard Haller, der Fuchs lange psychologisch betreut hatte, zeigte sich vom Selbstmord wenig überrascht. „Es war nur eine Frage der Zeit“.
Klaus Kufner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen