■ Das Methadon-Programm in NRW zeitigt Erfolge: Überlebenshilfe
Für viele Fixer hat das Leben nach der Nadel einen Namen: Methadon. Ohne diese Ersatzdroge wären sie dem tödlichen Heroin-Kreislauf nicht entkommen. Das gilt insbesondere für gesundheitlich schwer geschädigte und sozial oft total isolierte Langzeitabhängige, die nach gescheiterten Therapieversuchen Methadon als den letzten Rettungsanker nutzen, um den endgültigen Untergang im Verwahrlosungsstrudel abzuwenden. Längst von der Gesellschaft abgeschriebene Altfixer schaffen mittels der Krücke Methadon den Rückzug aus dem Drogenmilieu, sie stabilisieren ihre sozialen Beziehungen und erreichen nicht nur in Ausnahmefällen ihre berufliche Rehabilitation. Neu sind diese Erkenntnisse, die die wissenschaftliche Begleitung des nordrhein-westfälischen Methadonprogramms durch das Schweizer Beratungsunternehmen „prognos“ mit einer Vielzahl von Daten erbracht hat, nicht. Gleichwohl ist die Studie wichtig – vor allem aus politischen Gründen.
Als die Düsseldorfer Landesregierung 1988 die Erprobung von Methadon auf kleiner Flamme begann, hob bei den Drogenkriegern der Republik ein gewaltiges Geschrei an. Ärzte, die Drogenbeauftragten der Länder und die CDU/CSU sprachen von „Kapitulation“. Inzwischen haben andere Bundesländer NRW längst überholt. Während die äußerst restriktiven Eingangsvoraussetzungen des Düsseldorfer Programms nur die Methadonvergabe an 247 Heroinsüchtige erlaubten, versorgt heute allein die Stadt Frankfurt 600 Fixer mit Methadon. Auch wenn der Ersatzstoff kein Allheilmittel gegen den Drogentod ist, zu einem deutlichen Rückgang des Junkiesterbes hat er zweifelsfrei beigetragen. Immerhin 62 Prozent der teilnehmenden Altfixer hielten beim NRW-Programm bis heute durch. Zwar sind nur sechs Ex-Junkies inzwischen auch vom Methadon weggekommen, aber als sozial und beruflich rehabilitiert gelten zwischen 50 und 55 Prozent aller Teilnehmer.
Aus diesen Zahlen gilt es Konsequenzen zu ziehen – nicht nur in NRW. Wer dem Sterben an der Nadel ein Ende bereiten will, muß auch durch Ausweitung der Methadonvergabe reagieren. Im letzten Jahr hatte die Landesregierung angekündigt, in ein Anschlußprogramm etwa 10 bis 15 Prozent der NRW- Junkies einbeziehen zu wollen. Bei 20.000 bis 25.000 Heroinabhängigen würden davon 3.000 Abhängige erfaßt. Bisher scheitert die Umsetzung vor allem am Geld. Die Krankenversicherungen weigern sich immer noch für die Ersatzdroge Methadon und die psychosoziale Betreung zu zahlen. Auf Nachsicht und Geld dürfen dagegen die Schluckspechte der Nation hoffen. Für die 2,5 Millionen behandlungsbedürftigen Alkoholiker berappen die Kassen jährlich viele Milliarden Mark... Walter Jakobs
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen