piwik no script img

Das Imperium schlägt zurück

■ Den Projekten, die zur Demo am 3.10. aufgerufen haben, sollen die Gelder gekürzt werden

Die Demonstrationen und Ausschreitungen zum 3. Oktober in Bremen haben Folgen: Den Projekten, die zum Protest gegen die Einheitsfeiern aufgerufen haben, soll es an den Kragen gehen. In den Haushaltsberatungen, die in den nächsten Wochen beginnen, soll das Thema „Finanzierung der Projekte“ mit einer Rückschau auf das Verhalten zum Tag der Einheit verbunden werden.

Das hat der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Kudella gefordert, nun denkt auch die SPD-Fraktion über ein „Dialog“ mit den Projekten nach. Sozialsenatorin Irmgard Gaertner will mit den geförderten Projekten ebenfalls über ihr „Verhältnis zum Staat“ reden. Die härteste Keule kommt aus dem Innenressort: Senator van Nispen will eine Liste der öffentlich geförderten Einrichtungen vorlegen, die zur Unterstützerszene für die Randale am 3.10. gerechnet werden und denen der Geldhahn zugedreht werden soll.

Losgetreten hat die Lawine Peter Kudella: Der hatte am vergangenen Freitag – also noch vor Feier, Demos und Randale – gefordert, die Mittel derjenigen Projekte zu streichen, die als Mitunterzeichner unter dem Aufruf zur Demonstration „Da gibt es keinen Grund zu feiern!“ standen. Das sei ein „Aufruf zur Gewalt“ und von öffentlich finanzierten Projekten nicht hinnehmbar. Im einzelnen stehen auf der Liste der CDU folgende Projekte: belladonna, Mädchenkulturhaus BDP, Thealit, das autonome Frauenhaus, die Gewitterziegen, die GesamtschülerInnenvertretung und die Fraueninitative Findorff. In der Bürgerschaft werde es einen CDU-Antrag geben, den Projekten die Gelder zu streichen, hieß es von den Christdemokraten gestern. „Unsere Idee ist so gut, daß sich uns bestimmt noch andere Fraktionen anschließen werden.“

Zumindest bei der SPD bestehen da Chancen. „Mit den Gruppen muß darüber geredet werden, wie sie sich ihr Verhältnis zum Staat vorstellen“, meinte der Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner. In der gestrigen Fraktionssitzung habe er das Thema angesprochen und sei auf breite Zustimmung gestoßen. „Man muß nach den Motiven fragen, warum die Gruppen ihre Unterschriften unter den Aufruf gesetzt haben und sie fragen, ob Staat und Parlament noch die richtigen Ansprechpartner für sie sind.“ Der „Dialog“ mit den Projekten soll nach Dittbrenners Meinung „nicht kurzfristig und überhastet“ geführt werden. „Wir sind noch nicht soweit, das Geld zu streichen.“

„Ich halte es für falsch, wenn man jetzt versuchen würde, sein Mütchen an den Projekten zu kühlen“, meinte Elke Steinhöfel, SPD-Sozialpolitikerin. „Staatsgeld soll nicht die totale Willfährigkeit der Projekte nach sich ziehen, aber wir müssen uns über die Grenzen unterhalten. Man kommt sich merkwürdig vor, wenn man in diesen Haushaltszeiten Geld für Projekte lockermacht und dann sieht, was für Aufrufe sie unterschreiben.“ Sozialsenatorin Gaertner habe ebenfalls angekündigt, mit den Projekten „Gespräche zu führen“, was deren Ziele und Methoden angehe. „Vielleicht haben wir den Dialog vernachlässigt“, meinte Steinhöfel. „ich hoffe, daß wir nach diesen Gesprächen nicht sagen müssen, daß einige so weit jenseits der demokratischen Spielregeln sind, daß wir sie nicht mehr fördern können.“

Die betroffenen Projekte schweigen vorerst. Von „belladonna“ hieß es nur, es sei auffallend, daß auf der Liste nur Frauenprojekte ständen. Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen soll es am Freitag geben. Gegen eine „politische Zensur über den Haushalt“ haben sich dagegen die Grünen ausgesprochen. Es sollte „keine Gesinnungskontrolle bei der Vergabe öffentlicher Mittel geben“, so Sozialpolitikerin Karoline Linnert. Die Kontrolle solle sich nach inhaltlichen Kriterien richten: „Geld sollte man nur dann streichen, wenn Projekte schlechte Arbeit machen.“ bpo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen