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■ StandbildDas Immergleiche

„Exakt“ – Reportagemagazin, Mittwoch, 18.15 Uhr, Vox

Lange Zeit stand Vox wie eine Investititonsruine in der deutschen TV-Landschaft herum. Planlos dümpelte das Low-Budget-Programm vor sich hin, außer einiger Magazinsendungen von Alexander Kluges Produktionsfirma dctp liefen die immer gleichen Krimis, Tierdokus und Soft-Sex-Filmchen aus dem mageren Bertelsmann-Filmarchiv, und beinahe hätte Vox auch noch seine Lizenz verloren. Erst seit sich der Medientycoon Robert Murdoch in den Sender eingekauft hat, wird zögerlich wieder am Programm gearbeitet.

Jetzt gibt es „Exakt“, eine neue tägliche Infotainment- Show für den Vorabend. Moderiert wird die Sendung von der früheren stellvertretenden RTL-Chefredakteurin Margarete Deckenbrock, die vor dem Start des Senders schon mal bei Vox war, aber schnell im Streit wieder ging. Jetzt ist sie wieder da, hat den geschaßten RTL- Chefredakteur Dieter Lesche mitgebracht und heißt inzwischen „Maggie“.

Um es kurz zu machen: Die Sendung ist ein Tele-Déjà-vu. Habe ich das alles nicht schon mal irgendwo gesehen? Das knallbunte, postmoderne Studio? Die routinierte Anteilnahme von „Maggie“ Deckenbrock? Die orange-gelben Flimmertrailer? In einem Satz könnte man „Exakt“ so charakterisieren: „Explosiv“ trifft ein mit „taff“ gekreuztes „Brisant“ bei „Schreinemakers live“.

„Exakt“ ist postpolitisches Infotainment-Wischiwaschi über die immergleichen Opfer und Durchgeknallten. Über Menschen (kleines Mädchen bekommt kein Schmerzensgeld), Tiere (überzüchtete Angorakatzen), Sensationen (bald gibt es einen Index für überzüchtete Angorakatzen), über „Patienten an der Grenze zwisschen Leben und Tod“ (ein Beitrag über Leute im Koma) und so weiter und so fort. Die Beiträge sind von routinierter Öde, man vergißt sie, während man sie sieht, und Studiogast ist eine 75jährige Taxifahrerin aus Lübeck.

Bei „Exakt“ spürt man die Skrupel, so zynisch und voyeuristisch auf die Kacke zu hauen wie die Konkurrenz. „Wenn ein Thema gut ist, dann muß ich es dem Zuschauer nicht ins Gesicht brüllen“, ließ Dieter Lesche vorab verkünden. Die dürften bloß mittlerweile nichts anderes mehr erwarten. Diese Sendung würde niemandem fehlen, wenn es sie nicht gäbe. Außer vielleicht „Maggie“ Deckenbrock. Tilman Baumgärtel

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