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Das Gedicht von Günter Grass„Was gesagt werden muss“

Aus aktuellem Anlass dokumentieren wir das umstrittene Gedicht des deutschen Literaturnobelpreisträger Günter Grass „Was gesagt werden muss“ in vollem Wortlaut.

Günther Grass. Bild: reuters

„Warum schweige ich, verschweige zu lange, was offensichtlich ist und in Planspielen geübt wurde, an deren Ende als Überlebende wir allenfalls Fußnoten sind.

Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag, der das von einem Maulhelden unterjochte und zum organisierten Jubel gelenkte iranische Volk auslöschen könnte, weil in dessen Machtbereich der Bau einer Atombombe vermutet wird.

Doch warum untersage ich mir, jenes andere Land beim Namen zu nennen, in dem seit Jahren – wenn auch geheimgehalten – ein wachsend nukleares Potential verfügbar aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung zugänglich ist?

Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes, dem sich mein Schweigen untergeordnet hat, empfinde ich als belastende Lüge und Zwang, der Strafe in Aussicht stellt, sobald er mißachtet wird; das Verdikt „Antisemitismus“ ist geläufig.

Jetzt aber, weil aus meinem Land, das von ureigenen Verbrechen, die ohne Vergleich sind, Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird, wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert, ein weiteres U-Boot nach Israel geliefert werden soll, dessen Spezialität darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe dorthin lenken zu können, wo die Existenz einer einzigen Atombombe unbewiesen ist, doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will, sage ich, was gesagt werden muß.

Warum aber schwieg ich bislang? Weil ich meinte, meine Herkunft, die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist, verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit dem Land Israel, dem ich verbunden bin und bleiben will, zuzumuten.

Warum sage ich jetzt erst, gealtert und mit letzter Tinte: Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden? Weil gesagt werden muß, was schon morgen zu spät sein könnte; auch weil wir – als Deutsche belastet genug – Zulieferer eines Verbrechens werden könnten, das voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld durch keine der üblichen Ausreden zu tilgen wäre.

Und zugegeben: ich schweige nicht mehr, weil ich der Heuchelei des Westens überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen, es mögen sich viele vom Schweigen befreien, den Verursacher der erkennbaren Gefahr zum Verzicht auf Gewalt auffordern und gleichfalls darauf bestehen, daß eine unbehinderte und permanente Kontrolle des israelischen atomaren Potentials und der iranischen Atomanlagen durch eine internationale Instanz von den Regierungen beider Länder zugelassen wird.

Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern, mehr noch, allen Menschen, die in dieser vom Wahn okkupierten Region dicht bei dicht verfeindet leben und letztlich auch uns zu helfen.“

(Quelle: Süddeutsche Zeitung)

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30 Kommentare

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  • Dieser Versuch eines Gedichtes veranlasst mich, traurig und enttäuscht, zu dem Kommentar: "Si tacuisses, philosophus manisses" (Hättest du geschwiegen, wärst du eine Weiser geblieben), denn diese m.E extrem einseitige Schuldzuweisung ist nicht mehr nur "israelkritisch", sie stellt sich in die intellektuell armselige Reihe der millionenfach notorisch einseitig extrem verzerrten anti-israelischen Vorurteils-Ideologien, wie sie weltweit bis heute verbrteitet sind, und dies keieswegs nur bei alten oder neuen Nazis, sondern auch bei vielen, die sich irgendwie für links halten, die aber seltsam blind sind, sobald es darum ginge, die politischen 'Nachfahren' des einstigen Nazifreundes Al-Husseini zu kritisieren - Ein trauriger Tiefpunkt im Spätwerk eines großen Autors.

  • GJ
    gerhard jeske

    Gerhard Jeske 22547 Hamburg

    Das wurde schon gesagt!

    Ich bin erstaunt, weil sich historische Wiederholungen einstellen und es wird oft so gemacht, wie wenn es die neuen Themen sind. Zum Beispiel : Die Massendemonstrationen gegen die Raketen mit Atomsprengköpfen. Am 11.09. 1982 hatten wir aus Hamburg Lurup unseren Stand bei der Bundesdemonstration in Bochum unter der Losung“ Der Atomtod bedroht uns alle“

    Jedes Land, dass Atombomben besitzt, bedeutet eine gefährliche Bedrohung des Weltfriedens und der Menschheit. Es gibt keinen lokalen Krieg mit Atombomben. Zum Beispiel wird Teheran unterstellt, das sie auf Israel Atombomben abwerfen könnten. Wie denn das? Dadurch werden ebenso die Palästinenser, der Jordan und andere Anrainerstaaten getroffen und die tödlichen Strahlen kennen keine Grenzen, sie werden uns auch in Europa erreichen und ihre krankmachende Wirkung ausüben. In seinem Gedicht reduziert Herr Grass das Thema auf zwei Staaten und gleichzeitig weiß er auch, dass die größten Atommächte nicht bereit sind ihre Atomstrategie aufzugeben, genau so wenig, wie ihre Atomkraftwerke.

    Auch wenn Herr Grass das Pferd von hinten aufzäumte, so hatte sein Unkenruf eine aufrüttelnde Wirkung und dass sollte uns alle wieder aktiv werden lassen, den Kampf gegen die Atom - Lobby nicht aufzugeben.

  • S
    Sisifus

    Dank an Herrn Grass für seine wahren Worte. Seine Sorge um die atomwaffenfähigen U-Boote aus Deutschloand- inzwischen sechs an der Zahl - macht auch mir Kopfschmerzen.

    Ich habe beobachtet, wie Netanjahu seit Monaten mit den Säbeln rasselt, wie er Obmama um die Zustimmung zum Erstschlag gebeten hat. Gott sei Dank hat er von ihm eine Abfuhr erhalten, aber auch nur weil Obama keinen neuen Krieg vor der Wahl gebrauchen kann. Ein Erstschlag ist ein Angriffskrieg und völkerrechtlich zu verurteilen.

     

    Ich plädiere - wie Herr Grass - für Kontrollen in

    beiden Staaten - Israel und Iran. Gleiches Recht für alle.

     

    Noch einmal vielen Dank an Herrn Grass für seinen Mut und seine klaren Worte.

  • OS
    Otto Suhr

    Ich kann in dem Gedicht nichts erkennen, was die aktuelle Aufgeregtheit rechtfertigen würde.

    Im übrigen fände ich es gut, wenn zukünftig die Tageszeitungen mehr/öfter politische Gedichte abdrucken würden!

  • RB
    Rainer B.

    2. Versuch: Ich kann in dem Gedicht absolut nichts Antisemitisches finden und halte die ganze Aufregung darum für völlig überzogen. Warum sollen die Menschen in Israel schützenswerter sein, als die Menschen im Iran oder die Menschen in Palästina. Bislang ist die atomare Bedrohung durch den Iran nur gefühlt und keineswegs bewiesen. Israel deckt sich seit vielen Jahren in einer Weise mit Kriegsgerät ein, dass man nicht mehr an Selbstverteidigung glauben mag. Die deutsche Rüstungsindustrie ist immer vorn dabei. Wenn man überhaupt etwas aus der Geschichte lernen kann, dann doch wohl folgendes: Auf Phasen der Aufrüstung folgt Krieg. Darauf kann man nicht oft genug hinweisen und wenn Günter Grass das in ein Gedicht verpackt - gut so!

  • KP
    Klaus P. Sattler

    Es es zu einseitig? Wohl doch nicht !

    Es ist eher ein Pamphlet, welches zur rechten Zeit

    auch passen darf. Sind hier die eigentlichen

    "Dunkelmänner" erkennbar ? So oder so doch als

    Kondominat.

    Deshalb freue ich mich über jede Zeile, nicht

    als Antisemit !!

    Er sagt nichts Neues, so ?

    Kann man Jedermann zum Nachdenken empfehlen.

  • E
    elm

    Mal wieder viel Wind um nix und die sowieso nie was checkende journaille freut sich.... steht doch nur die Wahrheit drinn. Aber Gedicht? Du liebes bisschen, niemals. Also mir schlafen da die füße ein beim schmökern, denn lesen muss man das nich

  • G
    Gerrit

    Herr Grass; ich ziehe meinen Hut vor dem, was gesagt werden muß!

  • A
    Angelika

    Sagt einer die Wahrheit, ist er plötzlich alt, starrköpfig und wird in Deutschland geächtet.

    Wo leben wir?

    Wenn an einem Volk in der Vergangenheit immer wieder Verbrechen begangen wurden, die furchtbar waren und immer zu verurteilen sind, hat dieses Volk dann für alle Zukunft das Recht, selbst an anderen Völkern Verbrechen zu begehen?

    Hat sich Deutschland in den vergangenen 70 Jahren so aufgeregt, wenn alte Nazis gefunden und nicht verurteilt wurden?

    Oder wie schlimm war Beate Klarsfeld als sie den Nazi Kiesinger ohrfeigte. Da wollten wir das deutsche Nest nicht beschmutzt haben.

    Wir sind so scheinheilig, gerade jetzt zu Ostern.

    Grass hat die Wahrheit gesagt und das ist gut so.

  • KL
    Kerstin L.

    Auch ich möchte mich bei Herrn Grass bedanken. Er ist und bleibt für mich eine moralische Instanz, mehr Durchblick und Wahrheit findet man bei kaum einem der sich nun allseitig entrüstenden Schreiberlinge.

     

    Es bringt nichts, von einem Extrem (Judenverfolgung) ins andere (alles jüdische Treiben gutzuheißen) zu verfallen. Es ist lächerlich, Grass Antisemitismus oder seine frühe und sicherlich auch unreife SS-Mitgliedschaft in einer verlogenen, extrem repressiven Zeit vorzuwerfen. Mein Vater und seine sämtlichen Kameraden wurden siebzehnjährig nach Stalingrad geschickt, nur mein Vater kam wegen einer Verletzung mit dem Lazarettzug zurück. Diese missbrauchten Jugendlichen zählen allesamt zu den Opfern jener unseligen Zeit.

     

    Die Israelis von heute müssen aufpassen, nicht selber zu Tätern neuer Massenvernichtung zu werden, und ihr Umgang mit den Palästinensern missfällt mir auch sehr. Friedfertigkeit sieht anders aus. Der warnende Zeigefinger von Grass kommt hoffentlich noch rechtzeitig!

  • J
    Johannes

    Als jemand der das Gedicht erst nach dem öffentlichen Aufschrei gelesen hat verwundert mich doch dessen Inhalt. In meinen Augen wird hier nichts gesagt oder thematisiert, das man nichtaufgrund dessen was in Israel Realität ist nachvollziehen könnte. Es ist wirklich an der Zeit sich mit Israel auf einer von Tatsachen geprägten Basis auseinanderzusetzen und nich auf Basis von Schuldgefühlen, falschem Anstand und schierer Angst vor der Macht des Wortes "Antisemit". Wie soll man jemals über Frieden in dieser Region ernsthaft verhandeln können wenn man dort ein einziges Land von jeglichen Kontrollen und sogar jeglicher verbaler Kritik ausklammert, mit dieser Politik nimmt man dem Iran schon von vorneherein jegliche Möglichkeit einzulenken. Es geht ja USA/Israel nicht um eine Lösung des Konflikts, sondern um ein Einlenken Palästinas und des Irans, wohingegen sich Israel keinen Millimeter bewegt. Das ist ene Politik die absolut ausschliesslich auf Konflikt setzt und keinerlei mässigende Tendenzen enthält. Das zu artikulieren ist einfach nur richtig, das wahrhaft schockierende ist aber die Reaktion der Medien, der Parteien und der "breiten Öffentlichkeit". Ich bin durchaus angewiedert....

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    Der Titel klang nach Sarrazin, der Inhalt zum Glück nicht.

     

    Danke für den Abdruck!

     

    Und egal, wie er sich darstellen kann, oder auch nicht, das Gedicht ist da und bleibt das auch. Dass er sich vor allem an Israel wendet wird wohl den Machtverhältnissen im nahen Osten geschuldet sein: Israel weitet seine Siedlungen aus, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Wer ist also wohl zur Zeit die Macht im nahen Osten?

  • L
    Lena

    Ich unterschreibe jede Zeile dieses Aufrufs des Friedens mit.

  • JK
    Jens Kr

    Danke Günther Grass.

  • GH
    Gerhard Haberl

    Jetzt ist endlich gesagt "Was gesagt sein muss" und das Thema ist jetzt offen und ohne antisemitischen Anflug in aller Munde!

     

    Günter Grass hat ein literarisches Osterei gelegt. Dem einen erscheint es als wohlschmeckendes Labsal vor dem Aufbruch zu den Ostermärschen, dem andern scheint das Gelege nach tausendjährigem Ei zu stinken, das aber bekanntlich nicht ohne Gewürze zubereitet wird.

     

    Da die Aussage des Nobelpreisträger ein Aufrüttler ist, Form und Inhalt mit Bedacht gewählt wurden, mag jeder sich so provoziert fühlen wie er/sie aus religiösen bzw. parteiideologischen Hintergründen sich selbst erlaubt!

     

    Ob dann die Pamphlete zu persönlichen Abrechnungen geraten, weil man sich einst zu nahe gekommen war oder ob Auftraggeber von ihren Begünstigten politisch korrekte Statements einfordern, weil oder erst recht der Aufenthalt im gelobten Land Empörung rechtfertigt, ist ein riesiges Feld, das sich nun auftut!

     

    Solange statt Blut nur Tinte oder Druckerschwärze fließt, hat der Verstand gesiegt!

     

    Artaperma - Im jetzigen Tun gestalte ich den Morgen!

  • L
    lolerfaz

    Die Wahrheit.

    wer die Menschen retten will braucht auch den Mut zur Wahrheit auch wenn es weh tut.

    Vielen Dank an Günter Grass

  • R
    routier

    Man könnte meinen, dass Reporter eine Unabhängigkeit erreicht haben, die unabhängig ist vom Denken. Besonders in dieser Zeitung. Es geht einfach um "normale" Gerechtigkeit des Herzens und nicht diese politische Scheisse von den TAZ-Reportern und Konsorten. Der Bürger -wie ich, wissen sehr gut was schief läuft. Manche sind zu arrogant um zu verstehen.

    ciao

  • M
    M.Santos

    G.Grass scheint in ein Wespennest gestochen zu haben.

    Endlich ein bekannter Mensch der normal verständlich ausspricht,was sich Otto Normalo nicht traut.Wir stehen immer noch unter "Schuldzuweisung" und denken auch so.

    Was erhellend sein kann ist Literatur von A.Sutton,in denen die Geschichte durch einen anderen Blickwinkel betrachtet wird.

    Danke für Ihren Mut,Günther Grass!

  • SS
    Stefan Seum

    Ich möchte mich bei Herrn Grass aus ganzem Herzen danken. Er hat Weise Worte gefunden und ist dabei sachlich und faktisch geblieben. Antisemitismus ist das nicht, müssten dann ja auch Millionen Israelis der Friedensbewegung Antisemitisch sein. Was Grass Kritiker treib weiß ich nicht und es macht mir Sorge.

  • M
    M.Santos

    G.Grass scheint in ein Wespennest gestochen zu haben.

    Endlich ein bekannter Mensch der normal verständlich ausspricht,was sich Otto Normalo nicht traut.Wir stehen immer noch unter "Schuldzuweisung" und denken auch so.

    Was erhellend sein kann ist Literatur von A.Sutton,in denen die Geschichte durch einen anderen Blickwinkel betrachtet wird.

    Danke für Ihren Mut,Günther Grass!

  • F
    Fabian030

    Wer hier dem Herrn Grass Antisemitismus vorwirft, scheint nur die Wahrheit die in diesem Gedicht steckt, verstecken zu wollen. Freie Meinungsäußerung passt dem Zentralrat eben nur dann, wenn es ihrer Meinung entspricht was geäußert wird. Endlich erhebt sich wieder eine Stimme in Deutschland die nicht, wie ein Herr Sarrazin, nur mit Klischees und Hass arbeitet, sondern die Verzweiflung aufgrund der drohenden Lage zum Ausdruck bringt und sogar einen Lösungsansatz präsentiert.

    Was immer daran falsch sein soll, können wohl nur die bellenden, getroffenen "Hunde" wissen.

  • B
    Beobachter

    Wenngleich ich Grass die vielen öden Stunden im Deutschunterricht der 80er Jahre verüble....wo der Mann Recht hat, hat er Recht.

  • EL
    Eurico Louro Alves

    Wege des Friedens ! Caminhos de Paz

    Ein Wackere Mann.Ungemütlich natürlich, aber er hat volkommen Recht!Weiter soo... Mut!

  • JI
    Jamshid Izadpanah

    ..Und doch gegen Gier und Lethargie GRASS gewachsen...

    Man glaubte es nicht mehr, dass überhaupt jemand aus Deutschland bereit sein würde die Atommacht Israel zu kritisieren. Es ist bequem zu schweigen. Es ist mutig gegen den Strom zu schwimmen und es ist extrem mutig eine goldene Reputation zu verspielen. Warum tut er das? Wegen noch mehr Ruhm? Wohl kaum. Er will es wenigstens gesagt haben, wenn andere später, von der Realität eingeholt, werden sagen müssen: "Das hätten wir nicht gedacht". Er will mit seiner "letzten Tinte" seinen Beitrag als pflichtbewußter Schriftsteller und Nobelpreisträger zur Vermeidung eines 3. Weltkriegs leisten. Wer von den ganzen Politikern hat auch mit einem Wort den Bruchteil dieses Mutes erbracht und die Lieferung von atomwaffenfähigen deutschen U-Booten kritisiert, die nur Unheil anrichten können?

    Wenn ein Verbrecher einem Volk Leid antut, kann er sich nicht die Hände reinwaschen, indem er dem Leidtragendem beim Töten anderer Rückendeckung gibt. Er begeht ein 2. Verbrechen.

  • L
    Leser

    Ich kann mich diesem Kommentar nur anschließen. Mir scheint es, als ob die lautesten Empörten ihre öffentliche Existenz und ihr Gehör skrupellos mit jeder Form vernünftiger, politischer und historischer Verantwortung erkaufen wollen. Wer hat denn sonst in den letzten Monaten oder Jahren auf sie geachtet? Und was schreibt denn Herr Grass eigentlich außer, was jeder Interessierte längst weiß und dem Wissenden berechtigte Sorgen bereitet? Das Gedicht ist eine verdichtete Information an diejenige Öffentlichkeit, die Herrn Grass beachtet, wohl abgewägt, weise gewichtet und auf den Punkt gebracht. Ich danke ihm für diesen Einsatz. Dass jetzt maßlos und unanständig in Lautstärke und Inhalt aufgeschrien wird, liegt meiner Meinung nach an erwähntem Wunsch sich wichtiger zu machen als man ist und daher in Motiven, die dem Ernst der Sache nicht gerecht werden. Man glaubt offenbar, dass man so laut werden könne, bis die Sache untergegangen ist und das Fehlen von Argumenten nicht mehr auffiele. Ich hoffe, dass jeder, der die theatralische Entrüstung mitbekommt, sich die 3 Minuten für das Gedicht nehmen wird, dann wird es der Person vielleicht wie mir gehen und sie wird sich fragen: Warum müssen diese Leute eigentlich so maßlos laut und beleidigend aufschreien?

  • DM
    Dr. Milo

    Ich gehöre nicht zu der lebenslang moralisch gekränkten Generation und denke alles andere als antisemitisch – und ich begrüße jede Zeile dieses Gedichts . Es wurde Zeit, dass jemand, der gehört wird, die Wahrheit ausspricht. Unsere blutleeren Politiker empören sich gemeinschaftlich, diese Heuchelei ist unerträglich. Ich gehöre zu der Generation, die Angst um die Zukunft aller Kinder, seien sie deutschh, iranisch, israelisch…

  • AR
    Antoninus R.

    Alle Besserwisser und noch mehr angebliche Anti-Antisemiten fallen über ein fast trauriges Gedicht eines alten Dichters, der die Wahrheit sagt und nicht will, das es im Nahen Osten ein atomres Völkerschlachten gibt, her - ein übler Leserdreck!

    Gras kann beruhigt sein: ER hat Recht, wenn es den Nethanjahu-Völkerbrand gibt; aber er will ja nicht Recht behalten - das ist Sinn aller An-Klage seit Jeremias...

  • JM
    Jonathan McVoigth

    Es ist schon ein Hammer, dass Herr Grass für ein zeitgenössisches Gedicht dermaßen gerügt, ja teilweise beleidigt wird. Was maßen wir uns an? Und welche ‚Fakten’ werden benutzt, um Grass zu diskreditieren? Ungeheuerlich! Wieder verstecken sich ungemein wichtige Leute mit einem allgemeinen Aufschrei der Empörung (Wer schrie eigentlich als erster?) in der Masse der Nichtssager, Versager und Absager, anstatt den Ball aufzunehmen und konstruktiv weiterzuspielen. Selbst die Kanzlerin verschont uns ja bisher mit einem Statement.

    Was ist denn los in Iran? Und was hat auch Israel oft genug und lauthals ausposaunt? Und was wissen wir, was da wirklich los ist und was macht wer mit diesem Wissen? Haben wir uns nicht oft genug für erlebtes, bereits vergangenes Unrecht eine laute, mahnende Stimme gewünscht? Ging es in den letztne Jahrzehnten nicht immer um Auseinandersetzungen zwischen Demokratie und Diktatur? Nur durch rechtzeitiges Aufbegehren der Zeitgenossen kann so etwas Schlimmes wie ein Erstschlag verhindert werden, denn egal, wer direkt betroffen sein wird: in der Konsequenz ist die Anwendung bzw. Androhung eines Kernwaffeneinsatzes der Anfang vom Ende der Diplomatie, der Niedergang des Humanismus und erodiert gleichzeitig die Demokratie so stark, dass sich daraus alle, ich betone alle restriktiven Maßnahmen zur Einschränkung jeglicher Freiheiten legitimieren lassen.

  • H
    hans

    das als „Hasspamphlet“ zu bezeichnen, ist schon etwas hysterisch. Es ist ein einseitiger, pathetischer Text, aber verallgemeinernde Aussagen über Israels Außenpolitik sind nicht per se antisemitisch (der Duktus des “ich muss es jetzt sagen, ich trau mich“ hat die Reaktionen offenbar richtig eingeschätzt, bei der verursachten Hysterie muss man sich wirklich erstmal trauen. Nur sagt Grass leider nichts neues.) Er hätte das auch gegen einen bevorstehenden Krieg der USA schreiben können (wieviele schlechte Gedichte wurden gegen den Vietnamkrieg geschrieben, und die dann Antiamerikanisch zu nennen war genauso idiotisch).

  • JM
    Jonathan McVoigth

    Es ist schon ein Hammer, dass Herr Grass für ein zeitgenössisches Gedicht dermaßen gerügt, ja teilweise beleidigt wird. Was maßen wir uns an? Und welche ‚Fakten’ werden benutzt, um Grass zu diskreditieren? Ungeheuerlich! Wieder verstecken sich ungemein wichtige Leute mit einem allgemeinen Aufschrei der Empörung (Wer schrie eigentlich als erster?) in der Masse der Nichtssager, Versager und Absager, anstatt den Ball aufzunehmen und konstruktiv weiterzuspielen. Selbst die Kanzlerin verschont uns ja bisher mit einem Statement.

    Was ist denn los in Iran? Und was hat auch Israel oft genug und lauthals ausposaunt? Und was wissen wir, was da wirklich los ist und was macht wer mit diesem Wissen? Haben wir uns nicht oft genug für erlebtes, bereits vergangenes Unrecht eine laute, mahnende Stimme gewünscht? Ging es in den letztne Jahrzehnten nicht immer um Auseinandersetzungen zwischen Demokratie und Diktatur? Nur durch rechtzeitiges Aufbegehren der Zeitgenossen kann so etwas Schlimmes wie ein Erstschlag verhindert werden, denn egal, wer direkt betroffen sein wird: in der Konsequenz ist die Anwendung bzw. Androhung eines Kernwaffeneinsatzes der Anfang vom Ende der Diplomatie, der Niedergang des Humanismus und erodiert gleichzeitig die Demokratie so stark, dass sich daraus alle, ich betone alle restriktiven Maßnahmen zur Einschränkung jeglicher Freiheiten legitimieren lassen.