„Das Ganze ist einfach ein Lacher“

Weil er sich die Monatskarte alleine nicht leisten kann, wollte ein Stützeempfänger einen Zuschuss vom Sozialamt. Das lehnte den Antrag ab. Damit er trotzdem mobil bleiben kann, geht Gottfried Stumpf jetzt unbezahlt arbeiten

Gottfried Stumpf muss die 58,50 Euro selbst bezahlen. Das Sozialamt hat seinen Antrag auf einen Zuschuss für die Monatskarte abgelehnt. Stumpf lebt von 270 Euro Sozialhilfe im Monat. Seinem Antrag könne „nach der Prüfung Ihrer Verhältnisse nicht entsprochen werden“, schreibt das Amt. Gottfried Stumpf aus Schöneberg wollte, dass das Amt für ihn und seinen Lebensgefährten die VBB-Monatskarten bezahlt, zumindest einen Teil davon. Beide brauchen das Ticket. Alleine können sie es sich nicht leisten.

„Man hat mir noch nirgendwo gesagt, welche Fahrten ich abrechnen kann“, beschwert sich Gottfried Stumpf. Bis im kommenden Januar das neue Sozialticket kommt, sollen die Sozialämter Berechtigten die Differenz zwischen altem Preis (20,40 Euro) und normaler Monatskarte bezahlen. Stumpf hatte seinen Antrag dafür schon im vergangenen Dezember gestellt.

Gottfried Stumpf, 47, ist nicht dumm. Er hat studiert, Sport, Politik und Psychologie. Seit 1998 ist er mit kurzen Unterbrechungen arbeitslos. Er braucht das Ticket, um sich einen Arbeitsplatz zu suchen. Um zu Ämtern zu fahren. Sein Lebensgefährte Yang ist ebenfalls Sozialhilfeempfänger. Er ist Chinese. Ohne Bahn kommt er nicht zum Deutschunterricht. Und ohne Sprachkurs hat er keine Chance, einen Job zu finden. Alles das hat Gottfried Stumpf in seinen Antrag an das Sozialamt geschrieben.

Das Amt lehnte ab. Die Begründung: Über die in der Sozialhilfe enthaltenen 20,40 Euro hinaus gebe es nur Zuschüsse, wenn der Betroffene erwerbstätig sei, eine gemeinnützige Arbeit leiste oder eine chronische Krankheit nachweisen könne. Die Fahrten für die Arbeitsplatzsuche müsse er dagegen beim Arbeitsamt als „Bewerbungskosten“ einreichen. Stumpf ist das zu kompliziert. „Ich hatte den Antrag auf die Monatskarte gestellt, weil es aus meiner Sicht kostengünstiger wäre.“ Er fährt jeden Tag drei bis vier Mal. Mit Einzelfahrscheinen gibt er in wenigen Tagen mehr aus, als die Monatskarte kostet.

Weil er den Ticketzuschuss braucht, hat Stumpf eine „GZA“ angenommen, eine „gemeinnützige zusätzliche Arbeit“. Er hilft im Schwulen Museum. Dafür kriegt er nicht viel mehr als 1,50 Euro in der Stunde. Für einen Monat hat er die Karte erstattet bekommen. Für jeden weiteren Monat muss er einen neuen Antrag stellen. Sein Freund Yang muss alle Fahrten selber bezahlen. „Nicht einmal der Deutschunterricht wurde als Grund akzeptiert“, regt sich Stumpf auf.

Ab kommendem Jahr soll das Antragstellen und das Abgewiesenwerden ein Ende haben. Dann soll es wieder ein Sozialticket geben. Voraussichtlich für 39 Euro. Mit 270 Euro Sozialhilfe im Monat hat Gottfried Stumpf dafür nur wenig übrig. „Das kostet kaum weniger, als wenn sich jetzt ein Normalverdiener eine Karte im Jahresabo kauft. Das Ganze ist einfach ein Lacher.“

BERNHARD HÜBNER