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Das Frauenbild des "Spiegel"Und nun, die Modestrecke!

Das "Spiegel Special" über erfolgreiche Frauen kommt ohne die politische Dimension aus. Und wir hatten uns schon auf ein Mario Adorf-Aktfoto gefreut.

Fern der Emanzipation: das "Spiegel Spezial". Bild: ausriss "spiegel"

Originell ist das nicht. Hinter der Überschrift des vor kurzem erschienenen Spiegel Specials, "Das starke Geschlecht", verbirgt sich natürlich das einstmals "schwach" genannte. Um Auskunft darüber zu geben, "was Frauen erfolgreich macht", wurde die Spiegel-Serie von 2007 über "Alphamädchen" recycelt und ein wenig ergänzt. Es geht um Frauen, die Karriere machen wollen oder bereits in einflussreichen Positionen in Politik und Wirtschaft sitzen, aber auch um Frauenrechtlerinnen in Indien.

Abgesehen von einem erfreulich kurzen Abschnitt zur Krippendebatte sowie Exkursen zu Frauenförderung und Quotenregelung bietet das Heft vor allem ein buntes Potpourri von Lebensgeschichten, das ganz nach erfolgreicher Emanzipation riechen will. Das im Titel angekündigte Erfolgsrezept findet sich aber nirgends. Der Blick der AutorInnen - es sind, ungewöhnlich für den Spiegel, vorwiegend Frauen - richtet sich fast immer auf einzelne Personen. So erfährt man von Sarah Kuttner, dass sie sich, total selbstironisch, richtig toll findet; Anne Will und Steffi Jones berichten, dass ein gewisser Ehrgeiz der Karriere nicht schade, Fleiß und Selbstvertrauen, Empathie und Disziplin.

Nur bleibt die Frage offen, warum die Zahl der Aufsichtsrätinnen so gering ist, wenn es vor allem diese Tugenden sind, die eine Frau erfolgreich machen. An fleißigen Frauen herrscht schließlich kein Mangel. In der Fülle der Erfolgsgeschichten werden gesellschaftliche Strukturen nie analytisch fokussiert: Das Patriarchat schwebt als eigentlich schon vergangenes Gespenst des "Old Boys Network" durch die Texte, als sei seine Abschaffung nur eine Frage der Zeit und der Einsicht in wirtschaftliche Notwendigkeiten - "weil man die gut ausgebildeten, motivierten, ehrgeizigen Arbeitnehmerinnen unbedingt braucht".

Ansonsten sollen sich die Frauen an die eigene Nase fassen: "Keineswegs immer sind die Kinder schuld, wenn es mit dem beruflichen Erfolg nicht klappt", heißt es da, denn "zwei Drittel" der Frauen hätten "ihre Karriere nicht bewusst geplant". All die, deren Lebensrealität mit diesem Konzept von Karriere und Erfolg nichts zu tun hat, fallen ganz durchs Wahrnehmungsraster.

Gleichberechtigung gibt es aber vielleicht erst, wenn sich - wie es hier Natalia Wörner und Gesine Schwan tun - zwei beruflich erfolgreiche Männer darüber austauschen, wie sie ihre Karriere mit Kindern und "Gedöns" unter einen Hut bekommen haben. Wenn dazu eben kein Nacktfoto von Wörner, sondern eines von, nur zum Beispiel, Mario Adorf abgebildet würde und dem Heft nicht, nur weils ja ein Frauenheft ist, ein fürs Thema belangloser Modeartikel hinzugefügt würde, dann wären wir der Emanzipation ein Stück näher gekommen. ROCHUS WOLFF

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1 Kommentar

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  • AZ
    anke zöckel

    Das offenbar noch immer allein gültige Erfolgsmodell 'Karrieremensch mit hohem Einkommen und 12-Stunden-Tag' basiert von vornherein darauf, dass im Hintergrund jemand zuarbeitet, der sein eigenes Leben fremden Erfolgszielen unterordnet.

     

    Diskriminierung ist nicht allein deshalb verwerflich, weil sie fast ausnahmslos Frauen trifft. Sie ist viel mehr selbst dann von Übel, wenn die diskriminierte Person eine schlecht bezahlte männliche Haushaltshilfe ist - womöglich gar im Adamskostüm.