Das Ende von Michalskis Flucht: Festnahme auf dem Damenrad
Nach fünftägiger Großfahndung ist auch der zweite Gefängnisausbrecher am Niederrhein gefasst worden. Peter Paul Michalski radelte gerade eine Landstraße nahe Holland entlang.
Kurzgeschorene Haare, ergrauter Dreitagebart, leicht abstehende Ohren - ist er das wohl? Sie können nun aufhören, Ihre Kollegen zu verdächtigen und auch sich zu fragen, ob es Bielefeld denn jetzt wirklich gibt: Nach fünf Tage langer Großfahndung ist der Gefängnisausbrecher Peter Paul Michalski am Dienstagmorgen um 9.50 Uhr in Schermbeck im Kreis Wesel am Niederrhein gefasst worden. Ein ziemliches Stück weg von Bielefeld, wo er am Montag noch vermutet wurde.
Per Handyortung fassten Spezialeinheiten der Polizei den 46-Jährigen auf einer Landstraße nahe einem Wohngebiet im Osten der 15.000-Einwohner-Stadt, wo er mit einem silbernen Damenrad, auf das er einen Schlafsack geschnallt hatte, unterwegs war. Wie die Polizei Köln am Dienstag auf einer Pressekonferenz mitteilte, habe Michalski sofort zugegeben, der Gesuchte zu sein, sich ergeben und den Beamten auch gezeigt, wo er seine durchgeladene Waffe trug. Weder er noch Polizeibeamte oder Passanten seien verletzt worden. Wohin der Ausbrecher unterwegs war, ist noch unklar.
Michalski war gemeinsam mit seinem Komplizen Michael Heckhoff am Donnerstag vergangener Woche aus der Justizvollzugsanstalt Aachen getürmt. Mehr als 1.500 Polizisten hatten seitdem nach den beiden Schwerverbrechern gefahndet, die über Köln nach Essen flohen und fünf Menschen vorübergehend als Geiseln genommen haben. Seit Montagvormittag hatte die Polizei das Bielefelder Umland durchsucht, wo der 46-jährige Michalski aufwuchs. Die Polizei vermutete, dass er dort noch über Kontakte zu Freunden oder Bekannten verfügte. Michael Heckhoff (50) war bereits am Sonntag in seiner Heimatstadt Mülheim an der Ruhr festgenommen worden.
Bei ihrem Ausbruch sollen Michalski und Heckhoff von einem 40-jährigen JVA-Angestellten unterstützt worden sein, der deswegen in U-Haft sitzt. Er soll die beiden unter anderem mit Pistolen und Munition versorgt haben. Michalski und Heckhoff sind wegen Kapitalverbrechen, darunter Mord und Geiselnahme, zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. An dieser dürfte sich nun auch nichts mehr ändern.
Nach seiner Festnahme berichtete die Bild-Zeitung unter dem Titel "Michael Heckhoff spricht in Bild", wie den beiden der Ausbruch aus der JVA Aachen gelingen konnte. Ob die Details der Flucht, die wie aus einem an einem weinseligen Kneipenabend ausgedachten Drehbuch geklaut klingen, allerdings wahr sind, wird laut Polizei Köln derzeit überprüft. Es sei zudem ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, da die Polizei davon ausgehe, dass in dem Artikel Informationen stehen, die unbefugt aus den Vernehmungsprotokollen an die Bild-Zeitung weitergegeben wurden.
Den Schlüssel zur Freiheit habe er von einem Wärter bekommen, auf einen Kopierer gelegt und nach diesem Muster habe Michalski in der Schlosserei einen Schlüssel nachgemacht, lässt die Bild Heckhoff berichten. Den Pförtner hätten die beiden dann mit einer Waffe bedroht, die sie von einem Mitarbeiter in der JVA gekauft hätten, und ihm zwei Dienstwaffen und Handschellen abgenommen. Einen Wärter hätten sie überwältigt und mit den Handschellen gefesselt. Danach sei es ein Leichtes gewesen rauszukommen.
Vor dem Gefängnis habe ein Taxi gerade einen Mithäftling aus dem Urlaub zurückgebracht, mit diesem Wagen seien Heckhoff und Michalski dann Richtung Köln gefahren, wo sie auf dem Weihnachtsmarkt erstmal Pommes aßen. "Während wir gegessen haben, kreiste ein Polizeihubschrauber über uns. Da haben wir uns unter einer Brücke versteckt", berichtet Heckhoff der Zeitung zufolge.
Schon in der Nacht zum Samstag seien er und sein Komplize am Baldeneysee in Essen fast in eine Polizeistreife gelaufen. "Aber dann haben wir zwei Schubkarren gesehen und uns darunter versteckt", zitierte Bild den Ausbrecher. Als Heckhoff in Mülheim an der Ruhr festgenommen wurde, soll Michalski ebenfalls in unmittelbarer Nähe gewesen sein.
Mit dem Ende der Flucht von Peter Paul Michalski können die Menschen in Nordrhein-Westfalen nun wieder sorglos auf Landstraßen radeln, Bielefeld in den "Mich gibt's doch gar nicht"-Schlaf versinken - und die Kollegen sind doch keine Verbrecher, zumindest keine gesuchten.
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