: Das Ende eines Handball-Traums
■ Der TuS Walle kann einpacken: Sponsor Volker Brüggemann zieht sich zurück
Deutschlands einziges vollprofessionelles Handball-Team, der Deutsche Meister im Frauenhandball TuS Walle Bremen, fällt auseinander. Hauptsponsor Volker Brüggemann kündigte am Montag abend überraschend an, daß sechs von insgesamt zwölf Profiverträgen zum Ende der Saison nicht mehr verlängert werden. Betroffen sind die ehemaligen ungarischen Nationalspielerinnen Csilla Elekes, Aniko Geczi und Eva Kiss sowie die Rückraumspielerin Renate Zienkiewicz, Rechtsaußen Klara Orban und die „Große Dame“ des deutschen Frauenhandballs, Dagmar Stelberg.
Der ehrgeizige Brüggemann
hierhin bitte die
drei Sänger
Aus glücklichen Zeiten: links Eddy Birr, rechts Volker Brüggemann bei der Aufnahme der Single-Hymne „Das gibt es nur in Walle!“Foto: Oberheide
reagierte damit auf das Ausscheiden „seiner“ Mannschaft im Europapokal-Halbfinale gegen den TV Lützellinden am vergangenen Donnerstag. Die sportlichen Mitarbeiter des Vereins hatten allerdings den Sponsor für das Ausscheiden der Mannschaft verantwortlich gemacht. Er habe, so kritisierte der Sportliche Direktor und langjährige Brüggemann- Spezi Hans-Herbert Ludolf, „die Mannschaft psychologisch kaputt gemacht.“
Die Willkür-Herrschaft des Bremer Kaufmanns wurde bereits im letzten November deutlich. Damals verlor der TuS Walle ein kaum beachtetes Bundesliga- Spiel gegen Frankfurt/Oder mit 17:19. Brüggemann entmachtete einen Tag später Trainer Lazlo Kovacs, den er durch den Sportlichen Direktor Ludolf kontrollieren ließ. Die Niederlage beendete eine Serie von 97 Meisterschaftsspielen, in denen der TuS Walle ungeschlagen geblieben war.
Im Vorfeld zum Europacup
-Halbfinale eröffente Brüggemann dann einen einzigartigen Psycho-Feldzug gegen den Gegner und Cup-Verteidiger Lützellinden. Brüggemann nannte deren Trainer Gerlach einen „Psychopathen“ und ein „arrogantes
Wie es wirklich war: Hochmut und Fall
Arschloch“. Das Hinspiel in Lützellinden verloren die Bremer Frauen mit 20:16. Vier Tage vor dem Rückspiel feuerte Brüggemann dann auch noch Trainer Lazlo Kovacs. Der knappe Bremer 20:19-Sieg im Rückspiel reichte prompt nicht aus für eine Teilnahme am Cup-Finale.
Danach tauchte Brüggemann vier Tage unter. Am Montag erklärte er dann seinen finanziellen Rückzug. Offiziell gab er an, daß er sich als Sponsor „im Stich gelassen“ fühle. Brüggemanns Akquise-Gesellschaft KSM hatte fünf Jahre lang versucht, die finanzielle Unterstützung Brüggemanns auf diverse Sponsoren umzuverteilen. Brüggemann, der allein in dieser Saison über 700.000 Mark in die Mannschaft gesteckt haben soll, blieb der einzige Geldgeber.
Sein Geld führte den TuS Walle in fünf Jahren von der Nordsse- Liga zur Deutschen Meisterschaft. „Ich habe das alles für meine Tochter getan“, erklärte Brüggemann immer wieder. Diana Brüggemann spielte bis zum Ende der letzten Saison als Kreisläuferin bei Walle. Zwischen Trainer und Sponsor bestand ein mündlicher Vertrag, daß Brüggemanns Rubel für den TuS Walle proportional zu den Spielanteilen der Tochter rollt.
Die Akquise-Firma KSM, die offizieller Vertragspartner der Waller Handball-Frauen ist, verschliß zwei Manager, bevor Brüggemann und sein Manager- Intimus Eddi Birr die Sponsorensuche selber in die Hand nahmen. Daß sie jetzt scheiterten, dürfte für die Mannschaft dramatische Folgen haben: Zwar versprach Brüggemann, die über das Saisonende hinaus gültigen Verträge weiter zu erfüllen, aber derzeit ist unklar, ob Brüggemann seine KSM (offiziell in den Händen seiner Lebenspartnerin) nicht vorher in Konkurs schickt und damit jede Verantwortung für die Verträge los ist.
Erst zu Beginn der laufenden Saison hatte er die ehemalige sowjetische Nationalrechtsaußen Marina Basanowa und die Weltklasse-Torfrau Silke Kroll verpflichtet, um das hochgesteckte Saisonziel Europapokal zu erreichen. Markus Daschner
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