piwik no script img

Das Ding, das kommtProst auf den Hyperrealismus!

Schnaps ist ein beliebtes Thema in der Kunst. In Hannover gratuliert nun Monika Baer der Kestnergesellschaft zum 100. Geburtstag: mit großformatigen Alk-Bildern Foto: Jens Ziehe/Courtesy Monika Baer, Galerie Barbara Weiss, Berlin, und Greene Naftali, New York

Viel Wein, später auch jede Menge Bier, noch später dann ordentlich Hochprozentiges, Absinth vor allem: Gesoffen haben sie in der bildenden Kunst von Beginn an zünftig. Die holländischen Genremaler malten im 17. Jahrhundert gern betrunkene Zecher in Bauernschenken, im 19. Jahrhundert vergnügt sich bei den Impressionisten das Bürgertum bei Bier und Schnaps in Pariser Cafés, aber auch Prostituierte sitzen versonnen dreinblickend beim Pflaumenschnäpschen, während Mönche exzessive Biergelage veranstalten.

Die Künstler selbst griffen sowieso gern zur Flasche – um ihren modischen Lebensstil zu dokumentieren, sich als geniale Künstler außerhalb gesellschaftlicher Konventionen zu stilisieren; um die Schöpfungskraft zu steigern oder mit dem Rausch die Tür zu Bildwelten im Unbewussten aufzureißen.

Auch in der Kestnergesellschaft in Hannover geht es ab Sonntag nun feucht-fröhlich zu. gefeiert wird dort immer noch der runde Geburtstag des Kunstvereins, der vor 100 Jahren ausdrücklich angetreten war, das „stocksteife“ kulturelle Klima der – damaligen – Provinzstadt aufzubrechen.

„Große Spritztour“ heißt die Ausstellung der Freiburger Malerin Monika Baer, die drei neue Werkgruppen mit großformatigen Alkoholbildern zeigt, ergänzt durch Gemälde und Zeichnungen aus den vergangenen acht Jahren. Allerlei hyperrealistische Schnapsflaschen sind da vor verschwommenen pastellfarbigen Flächen zu sehen oder schablonierte Schnapsflaschen-Etiketten vor düsterem Schwarz. Mal taucht der Kopf eines delirierenden Trinkers auf, mal ein Regenbogen oder eine dicke Wurst aus der Farbtube.

Vor allem treten dabei verschiedene Ansätze der Malerei gegeneinander an: Figuration gegen Abstraktion, expressive Geste gegen zeichnerische Sensibilität, illusionistische gegen emblematische Darstellung. „Meine Bilder“, sagt Baer, „sind Austragungsorte, Konfliktfelder auf mehreren Ebenen.“ Die gehen sogar über den Bildrand hinaus. Aber wer echt mit den echten kleinen Schnaps-Fläschchen anstoßen will, die neben einigen der Bilder stehen, sei gewarnt: die sind mit kaum sichtbaren Angelschnüren fest angebunden! MATT

Monika Baer: „Große Spritztour“. Eröffnung: So, 4. September, 11 Uhr, Hannover, Kestnergesellschaft. Bis 13. Oktober

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen