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Das Ding, das kommtSteinzeitliche Experimentierfreude

Nicht in alle Zeitalter und ihre Geräte kann sich Harm Paulsen gleich gut einfinden. Sein Handy hat der 71-Jährige vor Jahren schon an die Wand geworfen – viel zu viel Ablenkung. Und Paulsen weiß, wie man richtig wirft: Als Experimentalarchäologe bastelt er aus gefundenen Harpunenspitzen authentische flugfähige Waffen, so wie er sich vorstellt, dass unsere prähistorischen Vorfahren sie gebaut haben müssen. Seit 1968 hat Paulsen auf der Gottorfer Schlossinsel in einem ehemaligen Stallgebäude gearbeitet, hat dort Wagen für Wikinger-Ausstellungen oder eisenzeitliche Siedlungsmodelle hergestellt. Nun ist er im Ruhestand.

Er gilt als Experte für die Stein- und Wikingerzeit. Als der „Ötzi“ gefunden wurde, rief man Paulsen Dann war er derjenige, der nachwies, dass der Steinzeitmensch an einem Pfeilschuss starb. Denn Harm Paulsen weiß auch, wie man einen Pfeil schießt, als mehrfacher dänischer Meister im Langbogenschießen.

Am Herzen liegt Paulsen, die Ergebnisse seiner Experimentierfreude zu teilen. An mehr als 100 Fernsehsendungen war er beteiligt, darunter „Willi wills wissen“ oder Peter Lustigs „Löwenzahn“. Dabei ist Paulsen ganz Praktiker. Archäologie hat er gar nicht studiert – und trotzdem 2011 den Archäologiepreis der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte bekommen.

Auf Schloss Gottorf sind nun einige von Paulsens funktionsfähigen Nachbildungen von archäologischen Sensationsfunden zu sehen: Speere, Harpunen und Fallen, mit denen Menschen vor Jahrtausenden auf die Jagd gingen. Fleisch war damals der wichtigste Energielieferant für ein wachsendes Gehirn. Und das wiederum ist die Bedingung für all den den technischen Erfindungsreichtum. Im Kopf des Steinzeitmenschen – aber genauso im Kopf von Harm Paulsen. MATT

„Fleisch! Jäger, Fischer, Fallensteller in der Steinzeit“: So, 6.3., bis Di, 24.5, Galerie des 19. Jahrhunderts, Schloss Gottorf

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