: Das Defizit an Ostberliner Steuereintreibern soll schrumpfen
■ Finanzverwaltungen von Berlin stellten Schulungsplan vor/ Während der Übergangszeit ist eine erhebliche Mehrbelastung der West-Finanzbeamten vorprogrammiert
Berlin. Im Ostteil der Stadt fehlen zur Zeit 3.400 Steuerbeamte. Während im Westteil etwa sechstausend Bedienstete in der Steuerverwaltung tätig sind, beläuft sich die Zahl der Steuerbearbeiter Ost gerade mal auf 450 Mitarbeiter. Erforderlich für eine funktionstüchtige Verwaltung ist nach Auskunft von Finanzsenator Meisner eine Zahl von 3.850 Mitarbeitern. Da ausgebildetes Personal in dieser Größenordnung nicht zur Verfügung stehe, seien besondere Ausbildungs- und Schulungsmaßnahmen erforderlich. Die Finanzverwaltung, die Finanzschule sowie die Fachschule für Verwaltung und Rechtspflege West-Berlins haben dazu ein Konzept entwickelt, das gestern vom Westberliner Finanzchef zusammen mit seinem Ostberliner Pendant Stadtrat Bernd Fritsche (beide SPD) im Schöneberger Rathaus vorgestellt wurde. Danach soll mit einem praxisnahen Crash- und Ausbildungsprogramm dem akuten Personalnotstand entgegengewirkt werden.
Das Konzept sieht vor, daß bis zum Jahr 1992 rund 2.680 Mitarbeiter die Ausbildung abgeschlossen haben werden und in die Berliner Steuerverwaltung eintreten sollen. Im einzelnen ist für den Ostteil der Stadt vorgesehen, 1991 etwa hundertfünfzig und ab 1992 jährlich zweihundert Auszubildende im mittleren Dienst einzustellen. Für den gehobenen Dienst sollen ab 1991 jährlich hundertfünfzig junge Menschen die Ausbildung beginnen. Die bis zum Jahr 1995 einzustellenden 1.625 Angestellten erhalten innerhalb des ersten Arbeitsjahres eine viermonatige Schulung. Sie soll in drei Abschnitten erfolgen und mit einer Prüfung beendet werden. Danach werden kontinuierlich weitere Fachschulungen folgen.
Wie schon eine Woche zuvor die Berliner ÖTV wies Senator Meisner auf die besonderen Belastungen der Mitarbeiter in den Finanzämtern im Westteil der Stadt hin. Durch die Arbeit von Angestellten aus den West- Ämtern in den neu gegründeten Ost- Finanzämtern entstünden Lücken, die auch durch größte Einsatzbereitschaft nicht völlig geschlossen werden könnten. Deshalb sei in den Finanzämtern West-Berlins mit Verzögerungen zu rechnen.
Eine Reihe von rechtlichen Problemen gibt es ebenfalls noch. So dürfen beispielsweise die Mitarbeiter aus dem Ostteil noch nicht Beamte sein. Auch die Ausbildungsvergütungen seien sehr niedrig. Hier sei der Bund aufgefordert, etwas zu tun. ÖTV-Bezirkschef Lange sprach vor einer Woche sogar davon, daß die Westberliner Finanzämter vor dem Kollaps stünden. ok
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