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■ Das Bundesinnenministerium und der Fall HöhnGanz bei Sinnen

Das Bundesinnenministerium mauert. Keine Presse, kein ARD-Team darf ins Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, dafür bestehe „keine Notwendigkeit“. Das Ministerium will unbedingt verhindern, Charlotte Höhn ob ihrer Äußerungen über die niedrigere Intelligenz der Afrikaner aus der laufenden Weltbevölkerungskonferenz in Kairo abberufen zu müssen. International gilt Höhn als renommierte Wissenschaftlerin, und so eine wegen rassistischer Äußerungen zurückpfeifen? Niemals. Denn das wäre nicht nur peinlich für die gesamte deutsche Position auf der Kairoer UN-Konferenz, das würde zudem den Ruf des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung ruinieren, das die Bundesregierung in zahlreichen Politikfeldern berät. Nicht zuletzt Entscheidungen in der Ausländerpolitik beruhen auf statistischem Material, das von jenem Bundesinstitut zusammengetragen wurde. So wird gemauert, abgewimmelt, Zeit geschunden. Ist die Kairoer Konferenz einmal vorbei, so hofft man, wird sich der Rummel schon legen.

Und da ja der Überbringer schlechter Nachrichten auch immer der Schuldige ist, hackt man lieber auf der taz herum, die die Äußerungen der Charlotte Höhn veröffentlichte. Charlotte Höhn habe das Interview nicht autorisiert, heißt es, also entsprächen die Äußerungen auch nicht ihrer Auffassung, ergo gebe es keinen Grund, Höhn aus Kairo abzuberufen. Solchen Journalismus, sagte das Innenministerium anderen Medien, kommentiere man nicht.

Höhn hat viel Zeit gehabt, sich gegenüber den Interviewerinnen inhaltlich zu korrigieren. Sie hat das nicht getan. Sie wollte nur nicht, daß die Öffentlichkeit davon erfährt. Sicherlich, ein journalistischer Grenzfall. Wenn Charlotte Höhn sich verhaspelt hätte, wenn sie hereingelegt worden wäre, wenn sie gar betrunken oder sonstwie nicht bei Sinnen gewesen wäre – die Äußerungen wären nie veröffentlicht worden. Doch was da hervorsprudelte, das war in wohlgesetzten Worten genau Höhns Auffassung. Daß sie danach die Veröffentlichung zu verhindern suchte, ist verständlich. Immerhin geht es um ihren Posten.

Daß aber das Bundesinnenministerium keinerlei Interesse zeigt, Licht in die Angelegenheit zu bringen, sondern im Gegenteil alles tut, um zu verschleiern, zu vertuschen und abzublocken, das gibt den ohnehin skandalösen Vorgängen eine neue Dimension. Der richtige Schritt wäre jetzt: Abberufung Charlotte Höhns und Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung gründlich unter die Lupe nimmt. Bernd Pickert

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