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Das Bischofswort zur Babypflege

■ Nackte Kinderpopos, weiß der Erzbischof, erzeugen Begierden

Paderborn (taz) – Mit Puderdosen und Windeln herumhantierende Hausmänner sind brandgefährlich. Wenn diese – Ergebnis der teuflischen Emanzipationsbewegung – sich in pflegerischer Absicht ihren Babys nähern, ist absolute Wachsamkeit erste Katholikenplicht: jedenfalls im Erzbistum Paderborn. Der in zahlreichen Kämpfen mit dem „Häretiker“ Eugen Drevermann gestählte Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt, hat jetzt die wahren Ursachen des zunehmenden sexuellen Mißbrauchs von Kindern in freier Rede enthüllt:

„Junge Frauen sind gleichberechtigt und fordern eine Beteiligung ihrer Männer an der häuslichen Tätigkeit ... Und da liegen die Gefahren für junge Männer, ... daß sie ihren Trieben nacher nicht mehr standhalten können. Wenn junge Männer stärker mit der Pflege von Kleinkindern betraut sind und dabei nackte, entblößte Körper ständig sehen, sie berühren und saubermachen müssen, ist die Gefahr groß, daß sie ihren Begierden nicht widerstehen können. Der viele Körperkontakt mit dem Kind bei der Pflege würde ihnen sicher oft zum Verhängnis werden. Und deswegen stellen wir fest, daß auch diese Konsequenz, daß viele Väter Hausmänner werden, auch negative Aspekte haben kann.“

Es muß unter den 3.000 TeilnehmerInnen des Diözestages, die dem kinderlosen Degenhardt am 12. Juni im sauerländischen Medebach lauschen durften, einige gegeben haben, denen eine Verbreitung dieser Botschaft segensreich erschien. Ein Tonbandmitschnitt dieser so genannten „Dialogpredigt“ landete bei der Lokalzeitung, die einer großen katholischen Leserschar das bischöfliche Wort nicht vorenthalten mochte. Das Ergebnis ist erschütternd. Es zeigt, daß der Emanzipationsvirus selbst katholische Familien infiziert hat. Fünf Tage später sah sich der Papst-Knappe gezwungen, von seinen Äußerungen, die „eine breite Diskussion ausgelöst haben, abzurücken. Schade. Denn es passiert so selten, daß ein offenes Wort die PR-Erklärungen des Erzbistums zur Kenntlichkeit entstellt. Über die wahrhaftige Gesinnung des Erzbischofs verrät die hier dokumentierte weichgespülte „Klarstellung“ wenig:

„Ich möchte nachdrücklich betonen, daß ich es begrüße, wenn nicht nur die Mütter, sondern auch die Väter sich heute stärker als früher der Pflege ihrer Kinder annehmen... Gerade auch in der körperlichen Annahme drückt sich die elterliche Liebe aus ... Leider gibt es auch Fälle des sexuellen Mißbrauchs von Kindern aus dem Umfeld der Familie und tragischerweise auch von Vätern. So verschieden die Ursachen ... auch sein können, müssen solche Taten um der Kinder willen scharf verurteilt werden. Die ... Mitsorge der Väter ... ist als solches sicherlich keine Ursache dafür ... Sie führt zu tieferem Vertrauen und unbefangenerer Liebe. Damit stehen die Eltern vor einer großen Herausforderung und Aufgabe, für die ich ihnen von Gott Kraft erbitte.“ Walter Jakobs

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