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Das Aus für Radio MultikultiWackeldackel im Rundfunkrat

Im RBB-Rundfunkrat stößt die Entscheidung, Radio Multikulti zu schließen, auf teils heftige Kritik. Auf eine gemeinsame Resolution, die Entscheidung zu überdenken, kann sich der Rat aber nicht einigen.

"Wir werden hier künftig schlechter gelaunt sein". Vielen RundfunkrätInnen war die Erschütterung über die plötzlichen Sparverordnungen der RBB-Geschäftsführung gut anderthalb Tage nach der lakonischen Pressemeldung zum Aus von Radio Multikulti und "Polylux" anzumerken. Frank Zimmermann, für die Berliner SPD im obersten Gremium der ARD-Anstalt, brachte es in der gestrigen Rundfunksratssitzung auf den Punkt: Dass das Gremium, das ausdrücklich die Sender-Geschäftsleitung beraten soll, vor vollendete Tatsachen gestellt wurde, sei "befremdlich", so Zimmermann: "Man kann dann auch einen Wackeldackel hierhinstellen, der das hinterher abnickt." Die RundfunkrätInnen, so viel wurde gestern klar, waren für den Mittwochabend spontan zusammengetrommelt worden - um zumindest einige Stunden nach dem Fait accompli informiert zu werden.

RBB-Intendantin Dagmar Reim rechtfertigte das hektische Vorgehen: Ursprünglich sollte die Entscheidung erst im Juni fallen. Da über ihre Gespräche beim WDR in Köln, dessen "Funkhaus Europa" ab 2009 auf der Welle von Multikulti in der Hauptstadtregion zu hören sein soll, etwas durchgesickert war, habe sie nicht anders handeln können. "Ich habe bei meinem Amtsantritt den MitarbeiterInnen des RBB das Wort gegeben, dass sie wichtige Entscheidungen zuerst von ihrer Intendantin erfahren", so Reim. Den Vorwurf, den Rundfunkrat nicht rechtzeitig informiert zu haben, lasse sie gelten. Dass die Entscheidung aber nicht "plausibel begründet worden sei, diesen Vorwurf weise ich entschieden zurück".

RBB-Hörfunkdirektor Christoph Singlstein wehrte sich vor allem gegen die Darstellung, der Verzicht auf Multikulti sei "politisch dumm". Man dürfe nicht "vor lauter Political Correctness eine falsche Entscheidung treffen", so Singlstein: "Sachgerecht ist, was wir jetzt machen."

So ganz konnte das die Gremienvertreter nicht überzeugen - und auch nicht der fromme Spruch, Integration und Interkulturalität künftig noch stärker in den anderen RBB-Programmen pflegen zu wollen. Entsprechend lau fiel auch die anschließende Resolution des Rundfunkrats aus. So viel ist klar: Er wird in den nächsten Wochen noch von sich hören lassen.

Nur zwei Brandenburger konnten mit den Entscheidungen der RBB-Chefs gut leben: Multikulti sei doch sowieso ein Berliner Thema, sagte Wolfgang Birthler (SPD). Wieland Niekisch (CDU) fand den interkulturellen Aspekt überbewertet: Integration, da müsse man sich doch nur die Moderatoren und KandidatInnen anschauen, leisteten doch auch Privatfernseh-Formate wie "Deutschland sucht den Superstar".

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