piwik no script img

Dancefloor, fein gebohnert

■ Die Partymaschine „Incognito“ machte im Modernes ausgelassene Laune

Vielleicht war es ja Absicht, und das Vorprogramm war so peinlich und schlecht, damit „Incognito“ nach der langen Umbaupause um so strahlender wirkte. Bei Angela Carter & Band klappte nichts von dem, was Incognito dann perfekt abspulte. Schon der Begrüßungruf „Hallo Germany“ ließ das Schlimmste vermuten, und die beiden schwarze Tänzer, die mit freiem Oberkörper in angedeuteten Raubtierkäfigen herumzuckten, waren nur unfreiwillig komisch. Die Musik kam offensichtlich vom Dancefloor-Fließband: Jedes Stück klang gleich, und weil die Band vom Drumcomputer und den vorfabrizierten Sounds abhängig war, endeten die Songs abrupt mit dem entsprechenden Knopfdruck. Lediglich der Pianist hatte Stil, wenn auch nur insofern, als sein Instrument oft unerklärlich „eierte“.

Incognito war dagegen eine fehlerlos ablaufende Konzertmaschine. Drei Sänger, drei Bläser, zwei Keyboarder, Perkussionist und Schlagzeuger: zwölf Vollprofis ließen auf der Bühne die Grooves auch nicht einen Beat lang schleifen. Eine fein ausbalancierte Mischung aus Jazz, Funk und Soul mit Coverversionen von „Pick up the Pieces“, Stevie Wonders „Don't Worry 'bout a Thing“ und sogar Gershwin's „Summertime“; dazu Eigenkompositionen, die den Dancefloor- Drive hatten, aber dennoch nicht zu zeitgenössisch klangen und so das Flair des „golden age of black music“ behielten.

Bandleader Jean Paul Maunick scheint keinerlei Ehrgeiz zu haben, der Band einen unverwechselbaren Sound zu geben. Sie klang oft wie „Earth, Wind and Fire“ oder „Blood, Sweat and Tears“ und bei einigen Gesangspassagen sogar wie „Sergio Mendez' Brasil 66“. Aber Beethovens Weisheit: „Besser gut geklaut als schlecht komponiert“ gilt heute mehr den je. Für eine ausgelassene Tanzparty im gut besuchten Modernes war diese Band genau das Richtige, und so störte es kaum, daß sie im Grunde inkognito, nämlich unter fremden Namen unerkannt blieb. Willy Taub

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen