HOLGER HAT ES SATT : Damien, die Sau
Es passierte auf einer Eröffnungsparty, beim Sammler-Empfang im Palazzo Grassi, beim Dinner mit dem Kulturstaatsmini, im Hotelbett und neuerdings sogar im Atelier, wenn das Weiß der Wände ihn ankotzte. Dann dachte Holger an seine Zeit im NKZ zurück. Ans Café Sehnsucht, wo er mit Jule, Ingo und den andern abgehangen hatte. An den Kotti, den Tee-Türken und das Schokolade-Zocken im Kaiser’s. Und an die Ecken und Hausflure, wo sie gedrückt hatten, die besten Momente ever.
Was Wolfgang wohl machte, die alte zahnlose Ratte. Vielleicht hatte er sich längst den goldenen Schuss gesetzt. Wie Petra in seinem letzten Jahr auf der Straße oder Matze das Jahr davor. Scheiße, dachte Holger. Und wenn ihn Manni nicht in die Galerie und Bärbel nicht in ihr Bett geholt hätte? Wenn seine Sperrmüllinstallationen nicht so eingeschlagen hätten? Dann wär er eben auch hopsgegangen. Was machte das schon für einen Unterschied. Der Scheißkunstbetrieb mit seiner Verlogenheit war manchmal schlimmer als die Nächte auf Entzug.
Wie war er bloß so mies drauf gekommen? Ach ja. Vor ihm lag noch das Monopol-Heft mit dem Hirst-Interview. Holger wusste gar nicht, was ihm mehr auf die Ketten ging, die beiden Tussis, die sich von Hirst auf seinen Landsitz einladen ließen und ihn in seinem Bett abfotografierten, oder Damien, die Sau.
Er begrüße die Wirtschaftskrise, hatte er doch tatsächlich gesagt. Er werde auch in einem kaputten Markt erfolgreich sein. Holger dachte an den Marketingcoup mit „For the Love of God“. Hirst hatte den diamantenbesetzten Totenschädel für 50 Millionen Pfund quasi selbst gekauft. Die Tussis interessierte das nicht. Damien, warum trinken Sie nicht mehr? Als Warhol mit Speed aufgehört hat, sagten sie, sei seine Kunst nämlich total schlecht geworden. SASCHA JOSUWEIT