: Daimler-Chef versprach Fiat nichts
Inerview mit 'Il sole 24 ore‘: Edzard Reuter gurrte und ließ sich nicht übers Ohr hauen ■ Aus Rom Werner Raith
„Ich glaube, ich glaube“, gluckst erfreut der Altmeister der italienischen Gewerkschaftsideologen, Vittorio Foa, „da ist den Turinern erstmals ein kongenialer 'furbo‘ erwachsen. Der arbeitet mit denselben Methoden wie sie selbst.“ Foa spricht von einem mächtig langen Interview, das Daimler-Chef Edzard Reuter der Wirtschaftszeitung 'Il sole 24 Ore‘ gegeben hat. Das sollte wohl vor allem dazu dienen, aus dem Bundesindustriellen seine Absichten gegenüber den Auto-, Flugzeug- und Kanonenbauern von Fiat herauszulocken.
Doch Reuter zeigte sich bestens präpariert: Er gab lediglich allgemeine Freundschaftbekundungen für diesen oder jenen Italo-Manager um den Boss Gianni Agnelli, „theoretische“ Überlegungen über quereuropäische Konzerne „jenseits des engen nationalen Denkens“, aber auch über „Konkurrenz als Lebenselement der Ökonomie“ und ein paar Spekulationen, wie gut man mit Fiat zusammenpasse - aber sprechen müsse man erst, demnächst, darüber, wie konkret das alles sein könne.
Nur selten blitzte auf, daß es da selbstverständlich längst Palaver gibt, spätestens seit die Deutsche Bank, Hauptaktionär von Daimler, mit zwei Milliarden Mark und zwei Aufsichtsräten bei Fiat eingestiegen ist. Doch das hat, laut Reuter, „natürlich überhaupt nichts mit den Sachentscheidungen zu tun“. Die trifft, ebenso selbstverständlich, nur er mit dem Fiat-Generalmanager Romiti.
Die Vorsicht Reuters macht Sinn, seine Zuarbeiter haben offenbar aufmerksam die bei Fiat üblichen Methoden studiert, speziell was die zurückliegenden Affären mit anderen Giganten wie 1984 mit Toyota und 1987 mit Ford betraf. Auch damals hatten zuerst schmeichelnde Interviews wirtschaftsnaher Zeitungen die jeweiligen Manager in Sprech und Zugzwang gebracht. Danach hatten die Fiat-Oberen freundliche Verhandlungen geführt. Und wenn Agnelli, Romiti und Co. dann hinreichend erfahren hatten, was die anderen so alles in petto haben, dann platzten die Verhandlungen.
Vielleicht hat Foa recht - die „furbi“, zu deutsch „Schlitzohren“, sitzen mittlerweile nicht mehr nur in Turin, sondern auch in Stuttgart.
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