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■ Urdrüs wahre KolumneDafür wieder Wurstecken

Wenn ich als Regisseur in irgendeiner plattdeutschen Speeldeel die Rolle eines sinistren Ferkelkastrierers zu besetzen hätte – rein physiognomisch wäre der Bremer CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer erste Wahl. Damit das Publikum vom Namen her nicht sofort an einen Fall schwerer Kindheit im sozialen Wohnungsbau denken würde, käme allerdings ein bodenständig-erdverbundener Künstlername wie Krischan Stünkel oder Ubbe Kaksteen ganz gelegen. Als unterschriftensammelnder Straßenterrier für die Arschkrampen-Aktion der Union zur bedenkenlosen Entfachung gesellschaftlicher Erruption im völkischen Urschlamm aber ist dieser Mann gottlob zur Unschädlichkeit verdammt: Wer jemals vom Untersturmbannführer einer Drückerkolonne hereingelegt wurde, sieht sich auf den ersten Blick alarmiert und verweigert sein Autogramm. Mit solchen Bündnispartnern kriegen wir die Schwatten wieder in Richtung 20-Prozent-Block!

Im Auftrag der Zuchtrinder-Erzeugergemeinschaft und auf Initiative der beliebten Fachzeitschrift Land & Forst krönt der niedersächsische Landwirtschaftsminister Uwe Bartels auf der Grünen Woche in Berlin mit Annemarie Schulze aus dem Heidedörfchen Wienhausen erstmals eine offizielle Milchkönigin. Dies finde ich wesentlich überzeugender als die Absicht Oldenburgs, in diesem Jahr dem anthroposophischen Hühner-Habicht Otto Schily zum Kohlkönig zu ernennen – schließlich hätte ja mit dem schwartnackigen Karl-Heinz Funke im Kabinett eine Persönlichkeit zur Verfügung gestanden, die dieses Amt inhaltlich zu füllen vermocht hätte. Wenn im nächsten Jahr am Ende noch Hungerkünstler Josef F. zum Pinkelmonarchen wird, weiß auch der letzte Fresser, welch korruptes Spiel um Ehre, Ruhm und Macht hier auf dem rot-grünen Schachbrett getrieben wird.

Zur grundlegenden Karrieretechnik des Journalisten in leitender Stellung gehört bekanntlich, daß er seine Freiräume im redaktionellen Tagesgeschäft nutzt, um brisantes Material über seinen Verleger zu recherchieren und gut verschlüsselt im System zu bunkern. Nach diesem Prinzip wird fast jeder Rausschmiß in den Chefetagen des Mediengeschäfts zum Lottogewinn, der ungeschmälert genossen werden darf. Insofern hat Ronald Famulla die Usancen des Gewerbes sträflich mißachtet. Nach so vielen Jahren Nähe zum Weser-Report-Tycoon Klaus Peterle ohne ganz, ganz fiesemieses Herrschaftswissen über den Kerl dazustehen und am Ende bei der Abfindung bangen zu müssen, ob das Arbeitsgericht dem gelben Schein mit der Krankschreibung mehr vertraut als dem schulenbergschen Privatschnüffler – das zeugt von kindlichem Vertrauen in wahre Freundschaft unter Männern. Immerhin – dem Herrn Axel als neuem Chefredakteur dürfte diese Kabale eine Lehre sein...

Im Gröpelinger Sonderpostenmarkt fragt eine mittelalterliche Frau mit etwa der Statur dieses Lieblingskolumnisten nach Leibwäsche in groß. „Hamwa im Moment nix da in der Art aber dafür wieder Wurstecken inner Kühlung!“ antwortet die für Regalauffüllung zuständige Mitarbeiterin. Ich find's gemein.

Unter dem Titel „Sind Bremerhavens Kinder dümmer?“ lädt die taz in dieser Woche zum grundsätzlichen Nachdenken über die intellektuellen Qualitäten von Bremern und Bremerhavenern im Vergleich untereinander und mit dem Rest der Welt ein. Die Antwort werden wir wissen, wenn über Space Park hie und Ocean Park entschieden wurde.

„Rotzt den Unterschriftensammlern euer soziokulturelles Unbehagen ins Gesicht – gewaltlos, basisdemokratisch, aber nicht zu knapp!“, empfiehlt als Freizeittip zum Wochenende

Ulrich „Friede!“ Reineking

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