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■ Dänemark: Die Sozialdemokraten gewinnen knapp die WahlenEin Erfolg – für wen?

Eine Karikatur in einer dänischen Zeitung zeigte vor einigen Tagen den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Rasmussen, wie er zusammen mit seinem Finanzminister Mogens Lykketoft die Tagespresse studiert: „Hast du gesehen, was die Zentrumsdemokraten fordern: das ist ja rein sozialdemokratische Politik!“ – „Ja“, antwortet Lykketoft, „die könnten die mit uns nie durchbringen.“

Die Sozialdemokraten haben, dank ihres Spitzenkandidaten, gewonnen. Doch was eigentlich sozialdemokratische und was bürgerliche Politik ist – das läßt sich in Dänemark nicht so klar unterscheiden. Die Mitteparteien als Zünglein an der Waage sind es, die traditionell den Spielraum der Regierung bestimmen.

Rasmussen hatte die vorzeitigen Wahlen ausgeschrieben, weil er sich Zustimmung für seine erfolgreiche, wirtschaftliche Bilanz versprach. Dänemarks Ökonomie ist so stark, die Arbeitslosenrate vergleichsweise so gering, daß selbst Bundesbankchef Tietmeyer Dänemark als Musterbeispiel lobte und das US-Finanzinstitut Morgan Stanley nur eine Volkswirtschaft sieht, die neben der dänischen bestehen könnte: die von Luxemburg. Doch dafür war diese Politik auch nur bedingt sozialdemokratisch. Gewiß war man experimentierfreudig, was neue steuerfinanzierte Modelle zur Subventionierung von Arbeitsplätzen und Arbeitsteilung angeht. Trotzdem konnte Rasmussen 1992 nur eine Koalition mit drei bürgerlichen Parteien bilden, weil er bereit war, deren Wirtschaftspolitik aufzugreifen. Und dabei blieb es.

„Ist es sozialdemokratische Politik, wenn man den Druck auf Sozialhilfeempfänger erhöht, Arbeitslose stärker kontrolliert und generell das Erstattungsniveau senkt?“ fragte öffentlich der linken Sozialdemokrat Hardy Hansen, als er seine Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren, begründete. Zudem wurde die größte Privatisierungswelle öffentlicher Unternehmen durchgesetzt. Und die Steuerpolitik führte dazu, daß die Unternehmen in Gewinnen schwimmen. Dänemark ist trotz Sozialdemokratie auf Rechtskurs: ökonomisch, sozial und ideologisch.

Daß das Flüchtlingsthema seit Monaten eine völlig überproportionale Rolle spielt, kommt daher nicht von ungefähr. Die rechtsextremen Parteien haben bei jenen gewonnen, die Angst haben, vom Wohlstandszug abgehängt zu werden. Allerdings werden die Rechtsextremen nicht, wie erwartet, als Mehrheitsbeschaffer benötigt. So darf man hoffen, daß das Flüchtlingsthema wieder auf vernünftige Proportionen zurückgeschraubt wird. Reinhard Wolff

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