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Dach überm KopfSchlafen wie auf See

Demnächst soll die Helgoländer Jugendherberge nach ihrer Renovierung wieder eröffnet werden. Auf Hotel-Komfort muss Herbergsvater Mike Georgi weiter warten. Erste Stammgäste haben trotzdem längst reserviert.

Um ruhebedürftige Rentnertouristen zu erfreuen, haben die Helgoländer alles, was laut ist, in diese Ecke ihrer Insel verbannt: Fußball und Jugendliche. Bild: dpa

Man braucht keine Muschel am Ohr für das Meeresrauschen: Es reicht, das Fenster zu kippen. Man hört das Wasser, sieht und riecht es. Die Jugendherberge auf Helgoland liegt noch gerade so am, nicht im Meer. Um hin zu gelangen, geht man immer die Kurpromenade entlang, Richtung Norden. Und gerade, als man denkt, nun kommt nichts mehr, muss man entweder den Holzweg rechts ab nehmen. Oder noch weiter und beim Sportplatz rechts ab.

Um ruhebedürftige Rentnertouristen zu erfreuen, haben die Helgoländer alles, was vermeintlich laut ist, in diese Ecke ihrer Insel verbannt: Fußball und Jugendliche. Von weiter weg sieht das Haus so aus, als könnte man darin wohnen. Tatsächlich aber wird es für 4,4 Millionen Euro renoviert. Drinnen ist es "ein bisschen windig", erzählt Mike Georgi, der uns erwartet hat. Georgi ist eigentlich aus Sachsen-Anhalt und Kfz-Mechaniker, seit zehn Jahren im Jugendherbergswerk, war stellvertretender Heimleiter in Limburg / Lahn und Wiesbaden. Nun leitet der 34-Jährige die Jugendherberge auf Helgoland. Das heißt: eine Baustelle.

Der Wind pfeift durchs Haus, weil hinten die Fassade fehlt. Als hier die Fenster ausgebaut wurden, fiel auf, dass die Metallverstrebungen im Beton angegriffen waren vom Salz und vom Wind. Rost, Einsturzgefahr. "Ist nicht mehr viel, was das Haus ohne Rückwand zusammenhält", sagt Georgi beim Gang über die Baustelle. Die Sache mit der neuen Rückwand war nicht vorgesehen. Die Renovierung dauert nun einen Monat länger und kostet 200.000 Euro mehr.

Herbergs-Jubiläum

Ganz schön alt: Sein hundertjähriges Bestehen feiert in diesem Jahr das Deutsche Jugendherbergswerk (DJH).

Ganz schön verbreitet: Mehr als 500 Jugendherbergen gibt es bundesweit. Der Landesverband Nordmark, der Schleswig-Holstein, Hamburg und einen Teil von Niedersachsen umfasst, betreibt zurzeit 50 Herbergen. Der Rest von Niedersachsen (inklusive Bremen) wird von den Verbänden Hannover (29 Herbergen) und Unterweser-Ems (37 Häuser) abgedeckt.

Ganz schön beliebt: Heute hat das DJH zwei Millionen Mitglieder. Seit 1990 hat sich diese Zahl nach Angaben des DJH verdoppelt.

Renoviert wird das vom Architektenehepaar Friedrich und Ingeborg Spengelin entworfene und 1957 erbaute Haus seit Dezember 2008. Bis September nun, so der neue Zeitplan, soll alles fertig sein. Aber Georgi ist in dieser Sache vorsichtig, weil das Haus, wie alle Bauwerke auf der Insel, unter Denkmalschutz steht. So sorgten die Denkmalschützer dafür, dass die Schranktüren im ersten Stock erhalten geblieben sind - nur die Schränke hinter den Türen gibt es nicht mehr. Ohne Denkmalschutz hätte man "viel mehr rausschmeißen können, um in jedes Zimmer Nasszellen einzubauen", sagt Georgi. Nun aber werde es eben immer noch ein paar Gäste geben, die mit anderen zusammen zum Duschen ans Ende des Ganges müssten. Ziel sei es gewesen, das Haus an den Komfort eines Hotels anzugleichen, "was auch weitgehend erreicht werden kann", sagt Georgi. Neben dem Denkmal- redete auch der Brandschutz ein Wörtchen mit. Jetzt gibt es zwei Brandschutztreppen im Haus. Und statt 178 nur noch 143 Betten.

Wie es sich für Jugendherbergen gehört, sind Männer- und Frauenbereich strikt getrennt. 25 Zimmer haben eigene Duschen. Aber es gibt auch, und das hat nur das maritime Helgoland zu bieten, Zimmer, die mit Kojen ausgestattet sind: Diese Kojenräume sind oben offen, haben Oberlicht, drin stehen Etagenbetten, wie im Schiff. Und die Brandung gibt es ja auch.

Es gibt zwei behindertengerechte Zimmer im Bereich "Atrium", der früher "Begegnungsheim" hieß. Hier wird nur Vollpension angeboten, die Kosten für eine Übernachtung steigen auf imposante 51 Euro im Einzelzimmer. "Hier ist der Standard höher, Dusche und WC auf allen Zimmern", sagt Georgi. Die günstigste Übernachtung in der Jugendherberge kostet für Erwachsene 20 Euro.

Ein paar Dinge durfte, ein paar wollte Georgi nicht rausschmeißen: In der Küche etwa wird einiges neu gemacht, aber "die beiden riesigen Kippbratpfannen geben wir nicht ab", sagt Georgi, dessen Frau Angelina die Küche übernimmt. "Die sind ideal für Bratkartoffeln und Frikadellen." Weiter verwenden wird er auch die ausgestopften Möwen, Basstölpel und Lummen, die Schiffsmodelle, Netze, maritimen Gemälde und was eine Jugendherberge auf Helgoland an authentischen Accessoires sonst noch so braucht. Schon weil die Möwen in ihren Vitrinen, getaucht in das rote Licht des Getränkeautomaten, nachts dafür sorgen, dass allzu unternehmungslustige Kinder und Jugendliche schnell zurück ins Bett wollen. Bis zum Ende der Bauarbeiten allerdings ruht das tote Getier unter Plastikfolie irgendwo im Erdgeschoss.

Es gibt schon jetzt Anmeldungen für die Zeit nach der Wiedereröffnung: Einige Stammgäste, die seit 15 oder 20 Jahren hierher kommen, können es nicht erwarten. In den 51 Jahren, die das Haus bis zum Herbst vergangenen Jahres geöffnet hatte, gab es hier 1,3 Millionen Übernachtungen.

Der Innenhof wird neu gestaltet, die ursprünglich vorhandene Freilichtbühne wieder hergestellt, die Terrassenbereiche werden neu gestaltet. Nebenan ist eine Freizeithalle geplant: Das Haus soll künftig ganzjährig geöffnet sein, bislang war im Oktober Schluss. Das hat Folgen für den Wärme- und Dämmschutz. Und fürs Unterhaltungsprogramm: In die Halle soll eine Diskothek rein, hier erweist sich die dezentrale Lage als Vorteil, dazu Tischtennisplatten und eine Kletterwand.

Der Speisesaal ist noch ein bisschen näher am Wasser als der Rest des Hauses: "Das Meer ist das Geniale an dem Haus", schwärmt Georgi. Wenn das Wetter es erlaubt, kann man draußen sitzen und nichts tun, außer Robben beobachten.

Als wir so durch die fehlende Rückwand aufs Meer schauen, das vom Sonnenlicht glitzert, kommt die Frage auf, warum die Jugendherberge keine Solarzellen auf dem Dach hat. Würde sich hier anbieten. Aber auf der ganzen Insel gibt es keine Solarzellen auf den Hausdächern. "Liegt wahrscheinlich", sagt Georgi, "auch am Denkmalschutz".

Jugendherberge Helgoland - Haus der Jugend, 04725/341; Haus-der-Jugend-Helgoland@t-online.de

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