Da ist ein New Kid in Town

Die einen versuchten mit der aufwändig betriebenen Suche nach Rebel Chic ihre Existenz von der Stange zu widerlegen – und tappten dabei nur in eine weitere Falle des Corporate Rock und des Konsumismus. Und die anderen schissen drauf und hörten gleich die Eagles.

Was mich betrifft, so verweigerte ich mich der Band bis in die 80er hinein, fand mich aber im 21. Jahrhundert urplötzlich an einer Straßenkreuzung in Winslow, Arizona, wieder. Weil die Eagles in (Jackson Brownes) „Take it Easy“ gesungen hatten: „Now I’m a standing on a corner / In Winslow, Arizona / Such a fine sight to see / It’s a girl, my lord, in a flatbed Ford / slowin’ down to take a look at me.“ Es wird keinen überraschen (außer mir), dass da weit und breit kein Girl war, das für mich bremste. Es war auch sonst nichts los. Ist ja selten was los, wenn die Musik aus ist.

1975 endete jedenfalls der Vietnamkrieg – und damit auch die Sixties, die bekanntlich 1967 erst richtig begonnen hatten. 1975 war nach der allgemein akzeptierten Geschichtsklitterung auch die progressive Rockmusik am Ende, die sich der Verbesserung der Gesellschaften verschrieben hatte. Und dann oder damit begann der Aufstieg der Eagles zur erfolgreichsten Geldmaschine der Welt. Ihr fünftes Album hieß „Hotel California“ und erschien im Dezember 1976. Heute, da Musik anders wichtig ist, kann man darüber entspannt sagen, dass es sicher kein überragendes Album ist, aber doch zwei Songs enthält, die in keiner Jukebox (also keinem iPod) fehlen müssen: Der unkaputthörbare Titelsong und „New Kid in Town“, das die Bandchefs Don Henley und Glenn Frey mit großer Hilfe des alten Laurel-Canyon-Kumpels J. D. Souther geschrieben hatten. Da ist jemand Neues in der Stadt, jeder redet über ihn. Zuerst denkt man, das sei die All-American-Geschichte, in der der zugezogene Quarterback gleich der Liebling der blonden Cheerleaders wird. Dann merkt man, dass the New Kid zunächst die Eagles selbst sind, grade zur größten Band der Welt befördert („Even your old friends treat you like you’re something new“).

Am Ende des Songs schlagen Popularität und Verpflichtung („Everybody loves you, so don’t let them down“) in Paranoia und Depression um. Auf den Straßen reden sie nun über das nächste New Kid, das gekommen ist, die Eagles zu verdrängen. Er hält bereits Händchen, und du bist immer noch da, heißt es nun. Der große, bleibende Satz lautet: „They will never forget you / till somebody new comes along.“ The New Kid ist übrigens Fleetwood Mac. Doch darüber erzähle ich ein anderes Mal. Gute Nacht.

PETER UNFRIED

■ Eagles: O2 World. Sonntag, 7. Juni, 20 Uhr