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DURCHS DRÖHNLANDHätten Grateful Dead die letzten 15 Jahre nicht konsequent ignoriert...

■ Die besten und schlechtesten, die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der nächsten Woche

Es gibt nicht nur Menschen, die aussehen wie Studenten, es gibt auch noch welche, die so Musik machen. El Bosso & die Ping-Pongs aus Münster spielen einen sauberen Ska, der ausreichend groovt, aber vor allem von der offensichtlichen und deutlich vorgeführten Differenz zu den Originalen lebt. Wenn man schon weiß ist, braucht man erst gar nicht so zu tun, als wäre man schwarz. Also sind die Ping-Pongs offen für jeden poppigen Einfluß und nehmen sich von der Tradition, was sie brauchen. Satte Bläser stehen neben Schweinegitarrensoli, und bei den deutschen Texten wendet sich jeder ernsthaft überzeugte Filzhütchenträger mit Grausen: »Schon ab einem Grad mehr/ Geht halb Nordeutschland baden/ Dann liegt Münster am Meer/ Und die Holländer züchten/ Unterwasser-Tomaten/ Das ist gar nicht so schwer.« Der eine oder andere mag ihren Humor nur leidlich komisch finden, aber bei der klamaukigen Inbrunst, die El Bosso an den Tag legt, sollte man der Band alles verzeihen.

Am 17.4. um 22 Uhr im K.O.B., Potsdamer Str.157, Schöneberg

Vom Spaß zu den ernsteren Dingen des Lebens. In letzter Zeit tauchen neben den notorischen DJs immer mehr Bands auf, die sich als Techno-Musiker verstehen. Eine leicht absurde Tendenz im apostrophierten »Age of the DJ«. Das Project Pitchfork besteht aus den Hamburgern Peter Spilles und Dirk Scheuber. Wahrscheinlich eher aus verkaufstechnischen Gründen führen sie den Begriff Techno im Munde, mich erinnern sie vielmehr an die glorreichen Zeiten des Electropops und an die düsteren Sounds von zum Beispiel Cabaret Voltaire. Techno sind nur einige der Herzattacken-Rhythmen, und meistens sind die Klänge eh sehr zurückgenommen. Anstatt der gesampelten Maschinengeräusche dominieren düstere Synthies. Der Gesang versucht zwar, eine gewisse bösartige Stimmung zu erzeugen, löst bei mir allerdings nur eine gewisse peinliche Betroffenheit und Muppetshow-Erinnerungen aus. Die englischen Texte geben sich kritisch und umweltbewußt, gehen aber leider selten über formelhafte Slogans hinaus. Trotzdem netter Versuch.

Am 17.4. um 22 Uhr auf der Insel, Alt-Treptow 6, Treptow

Traditionsbewußte Menschen schulden ihrer Heimat einiges. Love/Hate aus Los Angeles scheinen das zu wissen und spielen deshalb einen soliden Poser-Rock, dem auch die nahezu unvermeidlichen sexistischen Ausrutscher nicht fehlen. Daß sie trotzdem noch eines der kleinsten Übel im Genre sind, hat unlängst Kollege Fricke anläßlich des Ozzy-Osbourne-Konzertes, bei dem sie als Vorgruppe agierten, auf diesen Seiten dargelegt. Trotzdem bleibt die Frage, warum in manchen Landstrichen die Haare offenbar schneller wachsen.

Wie so oft kommt die bessere Alternative aus San Francisco. Sister Double Happiness sind vor allem das Werk von Gary Floyd, kamen vom Hardcore, begannen aber früh Blues-Elemente einzubauen, und schreckten auch nicht vor folkigen Balladen zurück. Allerdings wurde ihr Weg nach den ersten Independent-Erfolgen recht abrupt unterbrochen, als Gary eine Karriere als Hindu-Mönch dem Musikmachen vorzog und ein Jahr im Kloster verschwand. 1989 kam er dann zurück, die Band wechselte von SST zu Sub Pop, dann, nachdem sie alle Indie-Meriten verdient hatten, zu Warner. Heart and Mind ist ein gutes Rock-Album geworden, schlicht und gemütlich, nichts, was die Welt bewegen wird, aber eine Ahnung davon, wie Grateful Dead vielleicht klingen würden, hätten sie die letzten eineinhalb Jahrzehnte Musikgeschichte nicht ignoriert. Westcoast eben.

Aber vor Sister Double Happiness hat der Herrgott noch einige Hindernisse gestellt. Sooma und Supremacy sollen vorher spielen. Nichts gegen die einzelnen Bands, aber nicht immer macht's die Masse, ganz abgesehen von der — gelinde gesagt — etwas konzeptlosen Zusammenstellung. Dabei haben Restless noch Glück, daß ihre Tour abgesagt wurde, sonst müßten die Rockabillys auch noch in diesem Rahmen auftreten.

Am 18.4. ab 20 Uhr in Huxley's Neuer Welt, Hasenheide 108-114, Kreuzberg

Sie sind nur zu sechst, nennen sich aber 7 Kevins. Teilweise aus Irland geflüchtet, fanden sie in Brixton zusammen, um nun in Italien zu leben. Nichtsdestotrotz hat sich die Band den irischen Folk bewahrt, den sie allerdings mit vielen fremden Einflüssen anreichert und vor allem meistens so schnell spielt, daß ihr Highspeed-Folk an Bands wie Mano Negra erinnert (deren Ethno-Crossover im Moment ja sehr erfolgreich ist). Ab und an fließen aber auch Hardcore oder stumpf wabernder Noise wie von Sonic Youth mit ein. Im Ganzen eine krude Mischung, die trotzdem die allseits beliebten Anforderungen an irischen Folk erfüllt: tanzbar zu sein und zum Saufen einzuladen.

Am 18.4. um 22 Uhr im K.O.B.

Wieder mal ein Abend für Menschen, die immer auf der Suche nach Extremen sind, auch wenn Death Metal inzwischen schon zum Headbanger-Standard gehört. Gleich vier Acts treten im Package auf, allen voran Morgoth, die eine der ältesten und einflußreichsten Bands des Gewerbes in Deutschland sind. Die Sauerländer spielen mit Unleashed aus Schweden, die sich eher am Gruftrock der Sisters of Mercy orientierten, Paradise Lost und Master aus Chicago, die lange vor dem Erscheinen ihres ersten Albums schon Kult waren. Viel Spaß denn auch, und vorher fleißig sächsisch üben.

Am 19.4. um 20 Uhr in Huxley's Neuer Welt

Was müssen das für Menschen sein, die es freiwillig von Melbourne nach Ost-Berlin verschlägt? Richtig, Menschen wie Nick Cave. Once Upon A Time teilen mit dem großen Sohn ihres Vaterlandes die Vorliebe für sinistre Stimmungen und den Blues. In ihren besten Momenten erinnern sie an die ebenfalls australischen Beasts of Bourbon. Große, krankhafte Depression, die nur selten in Pose verfällt. Statt dessen Blue Notes zuhauf, eine Stimme aus der nächstbesten Gruft, dunkel schwelende Keyboards, Gebrochenheit allüberall. Wunderschöne Melancholie, die allerdings recht häufig in eine wirklich bösartige Stimmung umkippt.

Am 19.4. um 22.30 Uhr im Knaack-Club, Greifswalder Str.224, Prenzlauer Berg

Zwar hat sich unser kleiner, pummeliger Boy George die Designer-Dreadlocks abrasieren lassen und ist zu den Hare Krishnas konvertiert, aber eigentlich hat sich nicht viel verändert. Immer noch singt er vornehmlich von der Liebe, wenn auch nicht mehr zum einzelnen Menschen, sondern gleich zur ganzen Welt, und er tut das immer noch genauso schmalzig wie damals, auch wenn der eine oder andere Song von Rave-Star-DJ Paul Oakenfold remixed wird.

Der Klingelbeutel geht am 20.4. um 20 Uhr in Huxley's Neuer Welt rum

Zehn lange Jahre lang gibt es Alien Sex Fiend inzwischen und nun sind sie endlich die letzten konsequenten Vertreter des Gruftenrocks. Da hilft es nichts, daß die Plattenfirmen sie nun gerne als Ureltern von Techno ankündigen, immer noch kriecht Nick Fiend geschmacklos geschminkt unter künstlichen Spinnweben über die Bühne und spielt seine eigene Leiche. Ach ja, die Musik: Die ist immer noch düster und elektronisch.

Am 22.4. um 20 Uhr im Metropol, Nollendorfplatz, Schöneberg

Es sind schon fast zu viele komische Geschichten über

They Might Be Giants erzählt worden. Deshalb soll hier keine neue über das krudeste Pop-Duo New Yorks hinzugefügt werden. Immer noch sind sie das beste an dämlich-intelligentem Pop, was sich denken läßt, und was will man mehr?

Am 23.4. um 20 Uhr im Metropol Thomas Winkler

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