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DRK-Klinikum Mitte schließtEin schlechtes Vorzeichen

Die Einstellung des Betriebs am DRK-Klinikum Mitte verheißt nichts Gutes für die Umsetzung der Krankenhausreform. Nötig wären mehr Investitionen.

Kri­ti­ke­r:in­nen der Reform fürchten das große Kliniksterben Foto: dpa | Sebastian Christoph Gollnow

Das DRK-Klinikum Mitte muss schließen. Der stationäre Betrieb wird ab 2026 eingestellt, ein Großteil der Stationen in den größeren Standort nach Westend verlagert. Was danach kommt, ist unklar – vermutlich wird es nur noch ambulante Angebote am Standort in der Drontheimer Straße im Wedding geben.

Fordert die umstrittene Krankenhausreform ihr erstes Opfer? Nicht ganz: Die Gründe für die Schließung dürften vor allem in den Problemen der aktuellen Krankenhausfinanzierung liegen. Und dennoch nährt der Fall Zweifel, ob die Reform ihr Versprechen der Verbesserung der Gesundheitsversorgung halten kann.

Auf den ersten Blick scheint die Fusion der Kliniken Mitte und Westend ein konsequenter Schritt im Sinne der umfassenden Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Zahl der Kliniken soll deutlich verringert werden, dafür sollen Fachkompetenzen und kostenintensive Ausstattung an spezialisierten Standorten gebündelt werden. Dadurch würden Kosten gesenkt, aber gleichzeitig die Behandlungsqualität verbessert.

Die Unternehmensleitung begründete den Schritt ausdrücklich damit, die Umstrukturierungen erfolgten im Sinne des im November beschlossenen Gesetzes.

Pleitewelle droht schon jetzt

Bemerkenswert dabei ist, dass die DRK-Kliniken mit der Schließung dem Zeitplan der Reform deutlich zuvorkommen. Denn die Krankenhausfinanzierung wird voraussichtlich erst Anfang 2027 umgestellt. Davor sollen die Bundesländer mit der Krankenhausplanung ermitteln, welche Häuser verzichtbar sind und wo Zusammenlegungen Sinn machen. Durch die zentrale Planung soll verhindert werden, dass es zu den Versorgungslücken kommt, vor denen die Kri­ti­ke­r:in­nen der Reform warnen.

In Berlin soll der Krankenhausplan erst 2026 fertiggestellt werden. Dass nun Träger wie die DRK-Kliniken schon jetzt anfangen, Standorte zu schließen, ist bedenklich. Grund dafür dürfte weniger die Reform sein, als der enorme Kostendruck, unter dem Gesundheitseinrichtungen derzeit stehen.

Die Berliner Krankenhausgesellschaft gibt an, dass 70 Prozent der Einrichtungen in der Hauptstadt rote Zahlen schreiben. Erst im Oktober musste das Waldfriede-Krankenhaus in Zehlendorf Insolvenz anmelden. Auch dem Jüdischen Krankenhaus im Wedding droht die Pleite.

Die Gründe für die Krise sind vielfältig: In den letzten Jahren sind die Kosten für Energie, Löhne und Material enorm gestiegen. Auch der zunehmende Personalmangel macht den Kliniken zu schaffen, da er oft ihre Kapazitäten einschränkt.

Das Land muss einspringen

Ein entscheidender Faktor ist auch die mangelnde Unterstützung durch das Land. Obwohl die Länder gesetzlich dazu verpflichtet sind, die Investitionskosten der Häuser zu tragen, liegt der Betrag seit Jahren deutlich unter dem Bedarf. In den jüngsten Haushaltsverhandlungen hat der Senat den Betrag noch weiter gekürzt.

Indem sie nun einen Standort schließen, sparen die DRK-Kliniken schon jetzt Kosten, anstatt zwei Jahre auf das Inkrafttreten der Reform zu warten. Das ist verständlich, aber höchst bedenklich.

Denn mit jeder Klinik, die vorzeitig dicht macht, sinkt der Gestaltungsspielraum der Politik. Statt bedarfsorientierter Planung drohen betriebswirtschaftliche Zwänge zur treibenden Kraft der Reform zu werden. Mit einer „Entökonomisierung“, wie Lauterbach sie verspricht, hat das wenig zu tun.

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