DORIS AKRAPLEUCHTEN DER MENSCHHEIT : Der Helmut Kohl des Internets
Der kommende Montag wird für einige ein Tag wie jeder andere. Der eine wird sich mit seinem neuen iPad vergnügen, die andere irgendwas bei Facebook posten. Für einige andere wird der Montag zum wichtigen Aktionstag: denn es ist „quitfacebookday“.
Die Debatte um und der Protest gegen „Instant-Personalisierung“ und „Like“-Buttons bei Facebook hat dieser Aktion einen relativen Popularitätsschub beschert. Zur „Sicherheit der eigenen Daten und der Zukunft des Internets“ solle man seinen Account löschen. Platzt jetzt die soziale Blase Facebook?
Vielleicht irgendwann, wenn bereits entstehende Alternativen wie „Diaspora“ sich durchsetzen. Wahrscheinlich ist es derzeit aber nicht, denn Mark Zuckerberg ist so was wie der Helmut Kohl des Internets. Das Unternehmen hat schon des Öfteren arge Sicherheitslücken und lautstarke Kritik überstanden und am nächsten Tag wurden trotzdem weiter fleißig Profile erstellt und Freunde geaddet.
Aber mal ganz ehrlich, dass eines der erfolgreichsten Unternehmen der Geschichte, das „das soziale Leben weltweit verändert hat“ (David Kirkpatrick: „The Facebook Effect“, Simon & Schuster, New York 2010), versucht, weitere Geschäftsbereiche zu erschließen, liegt in der kapitalistischen Logik. Natürlich ist es schäbig, den potenziellen Kunden nicht ankreuzen zu lassen, ob man mit der Weitergabe der Daten an Dritte einverstanden ist. Aber ein wenig widersprüchlich ist es schon, den Service zu nutzen, mit der ganzen Welt seine wichtigen und nichtigen Informationen zu „sharen“ und gleichzeitig auf dem Recht auf Privatsphäre zu bestehen.
Den laxen Umgang mit Daten zu skandalisieren ist selbstverständlich nicht falsch, genauso wichtig aber ist es, Facebook-Seiten wie „Boateng umhauen“ zu skandalisieren. Einfach den Account löschen hilft gegen solche User wenig.
■ Die Autorin ist Kulturredakteurin der taz Foto: privat