DOKUMENTATION: Performance der Polizei
■ KünstlerInnen schreiben an den Innensenator wg. Aktion vor dem Alten Museum
Am Freitag demonstrierten die »Gekündigten KünstlerInnen Ost/West« vor dem Alten Museum gegen den wachsenden Ateliernotstand mit Transparenten. Dabei wurden sie von einer Polizeistreife des Abschnitts Mitte 2, Direktion 3 bedrängt. Einer der Polizisten ging mit einem Messer in die Richtung von KünstlerInnen, die sich vor dem am Museum befestigten Transparent aufgestellt hatten. Nicht nur wurde das Transparent beschädigt, einige KünstlerInnen fühlten sich auch persönlich bedroht. Vom zuständigen Einsatzleiter war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.
Wir dokumentieren einen offenen Brief von den KünstlerInnen an den Innensenator.
Sehr geehrter Herr Heckelmann,
wir Künstler können sehr gut verstehen, daß sich die Polizei einer zukünftigen Kulturmetropole mit einer neuen »Corporate Identity« ausstatten möchte. An unserer Kunstaktion mit einer eigenen Performance teilnehmen zu wollen, war im Grunde auch keine so schlechte Idee. Das unglückliche Ende dieses Versuchs kulturelle Kompetenz zu zeigen, bedauern wir. Statt selbst Kunst zu machen, oder sich wenigstens zu bemühen, blieb nur ein zerstörtes Kunstobjekt Manfred Butzmanns und seiner Künstlerfreunde zurück. Das 30 Meter lange Transparent mit der Aufschrift SINE ARTIS LABORATORIO NULLA ARS hing gerissen und zerschnitten auf halber Höhe an den Säulen des Alten Museums. Auch wenn es am Veständnis der Polizei gemangelt hat — auch wir können nicht alle Latein — so haben wir uns doch die Aufbauarbeit Ihrer Organisation an der Kulturstadt anders vorgestellt.
Gern sind wir bereit der Polizei künftig beim Umgang mit Kunst und bei künstlerischen Auftritten zu helfen. An unserem guten Willen soll es nicht mangeln, trotzdem müssen wir Sie zunächst bitten, den verursachten Schaden zu begleichen. Wir wollen nicht schließen, ohne noch zu bemerken, daß wir als Künstler — ebenso wie die Polizei — eben Ateliers brauchen. Dieses darzustellen, war ja auch der Anlaß unseres Tuns vor dem Alten Museum. Dieses zu erreichen (eigene Arbeitsräume) wäre für uns wie für Sie sicherlich hilfreich. Denn die Öffentlichkeit hätte viel weniger unter den ungeübten Auftritten Ihrer Gruppe zu leiden, wenn diese sich vornehmlich in den Kasernen und polizeieigenen Übungsräumen abspielen würden. Immerhin: hätten wir so viele umfangreiche Arbeitsräume zur Verfügung wie Sie, würden unsere öffentlichen Kunstauftritte schnell überflüssig.
Einige Künstler i.A.
Alke Brinkmann, Ulrich Grüter, Torsten Sautter
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